Genitale Geschlechtsdifferenzierung und "Phantomgefühle"
Ich gehe mal noch tiefer: Thema Embryologie und Geschlechtsdifferenzierung der Genitalien sowie "Phantomgefühle".
Es gibt die wolffschen (männlich) und müllerschen (weiblich) Gänge. Anfänglich gleichberechtigt paarig angelegt, differenziert sich das ganze ab der 8. Schwangerschaftswoche. Soweit so gut, nur bei NIBD wird das "falsche" Gangsystem abgebaut. Bei einem NIBD-Mann verkümmern demnach die wolffschen Gänge. Nur warum haben NIBD-Betroffene diese "Phantomgefühle"? Ganz einfach, einmal weil die gegensätzliche Körperlandkarte in der Großhirnrinde angelegt ist und sich demnach auch die entsprechenden "Geschlechtsnerven" durch den ganzen Körper ziehen. Gerade Menschen mit Amputationen sind das beste Beispiel: Kein "Phantomgefühl" ohne zuvor angelegten Nerv, oberhalb der Wunde existiert die Nervenautobahn ja noch und meldet die ganze Zeit daß die Ferse juckt obwohl der Fuß ab ist. Zum anderen werden zwar die "falschen" Gangsysteme bei NIBD abgebaut, aber die neuronale Versorgung der Derivate (rudimentäre Reste der abgebauten Gänge) wird nicht komplett abgebaut. In diesem Zusammenhang erscheint es plausibel, daß jene neuronalen Derivate ihre Spuren auch im sensorischen Rindenfeld (primäres und sekundäres) hinterlassen und somit "Phantomgefühle" verursachen können.
(Anm. des Admins: Alle von mir befragten originär transsexuellen Menschen (NIBD) berichteten ausnahmslos, seit frühester Kindheit derartige "Phantomgefühle" wahrgenommen zu haben. Möge dieser Hinweis für Fachwissenschaftler als Anregung dienen, ggf. zu dieser Frage klinische Studien zu organisieren.)
Beispiel zum Thema rudimentäre Innervierung der Derivate: Die Torsion eines Appendix Testis (hätte sich bei der Frau zum Fimbrium/Auffangtrichter des Eies entwickelt) ist unheimlich schmerzhaft. Oder der Gartnersche Kanal bei der Frau, der sich beim männlichen Pendant zum Samenleiter entwickelt hätte, und auch der Gartnersche Kanal ist innerviert. Das Epophoroon bzw. Paraphoroon wäre der Nebenhoden des Mannes und der Utriculus Prostaticus wäre das obere Drittel der Vagina einer Frau.
Nochmal in der Übersicht:
- Utriculus Prostaticus = oberes Vaginaldrittel
- Epophoroon/Paraphoroon = Nebenhoden
- Gartnersche Kanal = Samenleiter
Die Prostata des Mannes befindet sich übrigens genau an der Stelle, wo bei einer Frau sich die obere Hälfte der Vagina entwickelt. Betrachtet man nun den Utriculus Prostaticus und verbindet man das mal mit passiven schwulen Männern, die im Hypothalamus eine weibliche links-rechts Verknüpfung in Sachen sexueller Orientierung haben (siehe Buch von Dick Swaab Seite 95), wundert es eigentlich nicht mehr, warum passive Schwule eine gewisse sexuelle Praktik mögen, ohne sich jedoch dabei als Frau zu empfinden, das ist ganz wichtig mit zu benennen. Denn bei schwulen Männern fehlt hier die Verbindung zur personalen Kerngeschlechtsidentität (geschlechtliches Selbst), weshalb Schwule Männer sind und keine Frauen, trotz gewisser Vorlieben, und sie empfinden auch keine "Phantomgefühle" einer Vagina, da ihre sensorische Körperlandkarte in der Zentralfurche der Großhirnrinde eindeutig männlich angelegt ist; sie reagieren jedoch neuronal-vegetativ anders auf erotische Stimulation in diesem Bereich.
Bei einer NIBD-Frau existiert jedoch diese Verknüpfung zur personalen Kerngeschlechtsidentität. Daher empfindet sie dort auch in unerregtem Zustand eine Vagina, wo technisch gar keine ist (vor der Operation). Bei NIBD-Männern das gleiche in grün. Das allein erklärt schon, warum schwule Männer keine originär transsexuellen Frauen (NIBD) sind bzw. originär transsexuelle Frauen (NIBD) keine schwulen Männer sein können.
Eine schöne Beschreibung zum Thema "Phantomgefühle" findet sich hier auf:
Dort wurde folgendes von Dr. Haupt zitiert:
1. Die Wahrnehmung des Geschlechtskörpers (geschlechtlicher Aspekt von Gesicht und Stimme) bei anderen Personen ist beim Säugling bereits in den ersten 6 Monaten intakt und im Alter von 6 Monaten ist die individuelle Gesichtserkennung am besten entwickelt. Danach wird sie eher schlechter (Stereotypenbildung). Die Fähigkeit geschlechtliche leibliche Antworten zu verstehen, besteht also lange, bevor die Sprach- und die ICH-Funktionen einsetzen. Ein Selbst wird im Spiegel erst mit 18 bis 24 Monaten erkannt. Daher gehen die Neurowissenschaften heutzutage davon aus, dass die Alterität, also das Wahrnehmen und Erkennen des Anderen, allen Ich-Selbst-identitätsbezogenen Funktionen vorgelagert ist.
2. Die Wahrnehmung des Körpers erfolgt, lange bevor er als „EIGENER“ Körper erscheint bzw. wahrgenommen/erkannt wird. Bei Kindern, bei denen Körperglieder von Geburt an fehlen, z.B. Amelie der Arme (also angeborenes Fehlen der Arme, Abrachie) nach einer Thalidomid-Embryopathie (Dysmelie-Syndrom), kann trotzdem die Vorstellung eines Gesamtkörperschemas entstehen, was auf das Vorhandensein einer genetischen Grundlage hinweist. Hier bestehen Phantomgliedwahrnehmungen: Phantomempfindungen sind nicht-schmerzhafte Wahrnehmungen in einem angeborenen fehlenden bzw. amputierten Körperteil. Wir wissen, dass transsexuelle Menschen Phantomgliedwahrnehmungen haben. Und zwar in beträchtlichem Ausmaß. Es ist sicher im Weiteren zu untersuchen, in wieweit frühe Spiegelungen ausgehend vom Anderen (z.B. Bezugsperson) in den Leib hinein die innere Phantom-Schablone aktivieren. Also der, die, das geschlechtlich Andere die Phantombrüste und Phantompenisse quasi „wachküsst“. Das sind wesentliche Themen des Autographenbuchs. Angesichts dieser Fakten sind die Diskussionen über „Geschlechtsidentität“ als wenig weiterführende Phantasien und Simulationen einzustufen. Meiner Meinung wird es Zeit, sich den eigentlichen Themen zuzuwenden: Im Zuge des Autographenprojekts werden wir die Erkenntnisse der sozialen Neurowissenschaften integrieren (–> Alterität) und auch die Literatur zu angeborenen Phantomgliedmaßen aufarbeiten. In den Autographen zeigen sich ja detaillierte Schilderungen von Phantomgliedempfindungen (Phantombrüste, Phantompenisse). Geschlechtsidentität ist ein abzulegender alter Hut.
Von Transgendern (nach unserer Definition) habe ich indes noch nie von dem Vorhandensein derartiger "Phantomgefühle" gehört.
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