Transsexualität-NIBD

Autor Thema: Die Elternprobleme  (Gelesen 1852 mal)

Manu

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Die Elternprobleme
« am: 19.Feb 2015, 00:27 »
Hallo liebe Eltern, Betroffene, Interessierte!

Wie die Überschrift schon verrät, soll es in diesem Post um das momentane Verhältnis zu meinen Eltern, spezifisch meiner Mutter, gehen.
Als ich ihr vor ca. einem Jahr, mit damals 15 Jahren eröffnete, dass ich mich nicht in meinem Körper wohlfühle, reagierte sie sehr verärgert und herablassend. Das sei doch alles bloß eine Phase und ich solle mir nicht einbilden, sie würde das unterstützen. Da ich mich zu dem Zeitpunkt bereits aus anderen Gründen in einer Therapie befand, sprach ich dort das Thema an und wurde, was mir auch Erleichterung verschaffte, sehr ernst genommen. Das ging über 3 oder 4 Monate gut, ehe eine Medikamentenumstellung (derzeit nehme ich keine Medis mehr) anstand. Meine Mutter erfuhr von der Situation, dass ich dort gestützt wurde und brach gegen meinen ausdrücklichen Willen die Therapie ab.
Zu meinem Weg bis dahin: In meiner Kindheit hat mich das Geschlecht einer Person so gut wie gar nicht interessiert, zwischenzeitlich habe ich mich männlich gekleidet, das aber aufgrund der spürbaren Spannung, die dadurch entstand, nicht sehr lange getan. Im Alter von 12 Jahren bemerkte ich das erste Mal, unzufrieden mit meinem Körper und der damit verbundenen Geschlechterrolle zu sein. Allerdings traute ich mich nie, das meiner Mutter zu beichten, habe teilweise überspitzt mädchenhaftes Verhalten gehabt und war nachts verzweifelt. In dieser Zeit habe ich mich auch selbst verletzt (hauptsächlich durch Haare herausreißen, aber auch durch oberflächliches Schneiden.)
Heute bin ich 16 Jahre alt und die Debatte ist langsam aber wirklich ausgereizt. Wann immer ich meine Mutter bitte, mich ernst zu nehmen, kommt der Gegenschuss prompt. ("Sieh mal Katze, deine SCHWESTER ist nach Hause gekommen" -dazu sei zu erwähnen, dass die Katze hierbei wirklich ein Tier und kein Kleinkind ist). Ich weiß so langsam aber sicher nicht mehr, wie ich voran kommen soll. Ich lebe seit 7 Monaten in einer sehr glücklichen Beziehung mit meinem Freund, der mich auch als Jungen sieht und mich so behandelt. Ebenfalls wissen meine Freunde bescheid und für sie bin ich nunmal ich, ob nun Manu oder A. (Ich möchte hier nicht den rechtskräftigen Namen nennen.) Trotzdem leise ich unglaublich unter meinem Körper und den Demütigungen meiner Mutter, die damit ebenfalls die Eltern meines Freundes "angesteckt" hat. Ich will einfach nur noch raus aus diesem Körper, der mich jeden Tag aufs Neue daran erinnert, dass ich nicht bin, wer ich fühle zu sein.

Natürlich verstehe ich meine Mutter, andererseits möchte ich auch so akzeptiert werden, wie ich bin, und vor Allem möchte ich auch so respektiert werden. Ich möchte eine Therapie machen und trotzdem nach Hause kommen dürfen, ich wohne zwar allein, aber bildhaft, und dann eben als der Sohn begrüßt werden, als der ich mich fühle und nicht, dass so getan wird als sei nichts oder ich im schlimmsten Fall sogar verstoßen werde.
Ehrlich gesagt hoffe ich mit jedem Tag darauf, dass es bloß eine Phase ist, ich morgen aufwache und einmal glücklich so bin, wie ich bin.

Wie soll es weitergehen, hat jemand von euch Ideen oder vielleicht Empfehlungen für einen Therapeuten im HSK?

Offline manuEl98

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Re: Die Elternprobleme
« Antwort #1 am: 19.Feb 2015, 06:50 »
Bin jetzt auch mit dabei!
Ich will mich nicht gegen sie stellen, weil wir immer ein unglaublich gutes Verhältnis hatten. Ich wohne ab dem kommenden Monat aufgrund meiner Ausbildung ab August sowieso allein, trotzdem ist es mir unglaublich wichtig, dass sie das eben wenigstens respektiert-Es wäre nicht übertrieben zu sagen, dass sie die eine der wichtigsten Personen in meinem Leben ist.
Ich habe überlegt, ob ich heimlich zu einem Spezialisten gehen soll, da ich ja ohnehin mit 16 das Recht habe, mir einen Psychologen zu suchen, ohne dass sie das was angeht..- Aber irgendwie ist das.. "Der falsche Weg" eben..
Oktober 2013-August 2014- Therapie bei Nichtspezialisiertem Thera (Abgebrochen wegen ADHS-Mitteln und Antidepressiva statt Gesprächen)

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Offline Jeanne Rising

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Re: Die Elternprobleme
« Antwort #2 am: 19.Feb 2015, 10:51 »
Hallo Manu,

klingt nach einer ziemlich schwierigen Lage, in der du dich da zur Zeit befindest. Mir selber liegt auch sehr viel an der Harmonie innerhalb der Familie...ich finde den Ausblick, das Thema demnächst gegenüber meinem Papa ansprechen zu müssen, auch nicht sehr rosig, obgleich ich natürlich zumindest den "Vorteil" habe, schon lange volljährig zu sein, was ich allerdings ob meiner falsch durchlaufenen Pubertät irgendwie nicht als echten Sieg verbuchen kann.

Was ich jetzt aber vor allem schreiben möchte, ist etwas anderes. Mir kam gerade der Gedanke, dass dir vielleicht ein Nachdenken über den Sinn und Zweck menschlicher Bindungen an sich ein bisschen helfen könnte. Man sagt immer sehr konfrontativ, man solle aufhören, hinter Akzeptanz herzurennen und im Grunde denke ich, dass er damit auch völlig recht hat. Dennoch entdecke ich zumindest bei mir selber eine gewisse Abwehrhaltung dagegen, mich dazu so einfach zu entschließen, weswegen ich manche Dinge lieber etwas anders vor mir zu rechtfertigen Versuche.

Wie lernen wir Menschen etwas neues? Vieles lernen wir durch andere Menschen. Menschen, die uns den Spiegel vorhalten und uns mit unseren eigenen Schwächen und Vorurteilen konfrontieren.  Wann hast du in der Vergangenheit wirklich etwas gelernt? Wenn du dich an verschiedene Episoden deiner bisherigen Schulzeit erinnerst, dann hattest du bestimmt sehr verschiedene Lehrer...welche, die es dir leicht gemacht haben, welche, die einfach nur ätzend waren...aber auch welche, die dich einfach ehrlich aber bestimmt mit der Wahrheit konfrontiert haben. Die waren doch im Nachhinein die besten, auch, wenn sie mehr Arbeit verursacht haben.
So ist es in zwischenmenschlichen Beziehungen auch. Klar - du kannst versuchen, es deiner Mutter jetzt recht zu machen. Du würdest aber nicht nur selber darunter leiden, du würdest sie auch der Möglichkeit berauben, aus dieser Erfahrung zu lernen und daran zu wachsen. Es ist natürlich - und das steht außer Frage - nur eine Möglichkeit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass deine Mutter sich gegen das Lernen entschließt und auf ihrer Position verharrt. Dennoch - und zumindest meine Überzeugung ist das auf jeden Fall - kann wahre Tiefe in einer Beziehung nur entstehen, wenn man ehrlich ist und seine Beziehungspartner auch damit konfrontiert (ob nun vorsichtig oder mit Holzhammmer mag da jeder selber entscheiden). Tut man das nicht, so wird die Tiefe früher oder später verloren gehen, weil es einen immerzu schwärenden, unterschwelligen Konflikt gibt, der die Beziehung von innen heraus zermürbt. Daher denke ich, dass das bestimmte Vorgehen zugunsten deiner inneren Gefühle der einzige Weg ist, eine wirklich intakte Beziehung zu deiner Mutter zu erhalten, auch, wenn es womöglich der beschwerlichere ist.

Vielleicht konntest du damit ja was anfangen...wünsche dir auf jeden Fall alles gute dabei.
Johanna
Jeanne Rising

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Offline manuEl98

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Re: Die Elternprobleme
« Antwort #3 am: 19.Feb 2015, 12:31 »
Hui.
Das ist jetzt erst mal einiges an Resonanz, mehr als ich erwartet hätte.
Ich habe vor, jetzt erstmal ohne das Wissen meiner Mutter eine Therapie zu beginnen, werde mir aber wohl einen Spezialisten suchen, da der ehemalige Therapeut mir alles mögliche an Psychopillen verschrieben hat, um "verantwortliche psychische Probleme" aus dem Weg zu räumen. Die Folge war, dass ich einen bunten Mix aus Mitteln gegen ADHS und Antidepressiva bekam, durch die ich alles wurde, aber nicht glücklich. Ich weiß aber auch, dass eine Therapie unausweichlich für mich ist, weil ich seit kurzem immer wieder Gedanken hab, die mir Angst machen..
Ich weiß es nicht, ich möchte dass Thema gar nicht mehr Zuhause ansprechen, da meine Mutter und ich deswegen eh immer aneinandergeraten und ich mir nicht noch 20x anhören mag, dass das ihrer Meinung nach nur Gehabe ist und ich als Kind doch auch immer glücklich gewesen sei, so wie ich war.
Manchmal wünsche ich mir echt, ich hätte einen Musterweg hinter mir, hätte mit 3 oder 4 schon gemerkt was Sache ist..- Denn eigentlich habe ich von jeglicher erwachsener Vertrauensperson bisher immer das Wörtchen "Phase" zu hören bekommen.
Mittlerweile habe ich meine Mutter ja soweit, dass ich zu meiner Abschlussfeier einen Anzug tragen darf und anlässlich dessen habe ich überlegt, mich ihr gegenüber einfach zu einem späteren Moment schriftlich zu äußern, weil durch so etwas viel weniger Diskussionen entstehen und man vielleicht auch mehr darüber nachdenkt.

Ich werde auch meinen Weg gehen, ob nun mit oder ohne ihrer Unterstützung, aber letzteres .. Möchte ich eben einfach nicht.
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Offline manuEl98

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Re: Die Elternprobleme
« Antwort #4 am: 19.Feb 2015, 13:27 »
Hey, also zumindest den Namen im Forum zu ändern wäre nett.

Was den Psychologen angeht, bei dem war ich ja auch später nicht mehr, aber um mal einige Namen zu nennen, bekam ich Tavor gegen Schlafstörungen, Fluvoxamin gegen Depressionen und Concerta bzw Medikinet gegen ADHS. Resultat war, dass ich durch das Fluvoxamin 18 Std täglich geschlafen habe und mir alles Latte war, also gar nicht gut. Offiziell ist dieses Antidepressivum auch gar nicht für unter 18Jährige zugelassen, habe ich später nachgelesen.

Oh man, ehrlich gesagt war das erstmal ne riesige Erleichterung, sich in nem Forum anzumelden und sich austauschen zu können.
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