Wenn ich losmarschieren würde und mir 'n Termin bei einem Psychologen besorgen würde, dann säße ich morgen wahrscheinlich vor der Tür ...
Erstens:
Wenn das alles ist und du bist Transexuell, dann viel Spaß damit, dann wie ich erst mit über 23 oder noch später anzufangen, wenn du dann irgendwann ausgezogen bist. Und nur so nebenbei, dann setzten sie dich nicht mehr vor die Tür (da du nicht mehr dort wohnst), aber werden nie mehr mit dir reden, wenn sie so radikal sind.
Du kannst dich insofern da also nur entscheiden zwischen "so sein/werden wie du bist" und "Eltern glücklich machen". Die Entscheidung tut weh, sehr weh sogar. Und ich sage das, weil ich vor GENAU diesem Problem selbst stehe. Meine Mutter und Schwester haben kein Verständnis fürs Anders sein, was andere über mich oder sie sagen steht ganz oben. Ab dem Moment, wo ich mit der Umwandlung nicht mehr zu übersehen bin (ich wohne nicht mehr zuhause und besuche diese nur alle zwei Wochenenden), werde ich also auch erfahren, ob meine Familie mich als ihr Mitglied weiter akzeptieren wird oder ob ich danach allein sein werde.
Das ist ein SCHRECKLICHER Gedanke. Ich weiß, dass du davor sicherlich mit die größte Angst hast, denn der Gedanke, meine Mutter (die mich jahrelang in ALLEM unterstützt hat und immer für mich da war) zu verlieren, bricht mir mehr als nur das Herz und der Gedanke allein treibt mir die Tränen in die Augen.
Aber es muss eine Entscheidung her. Dein Glück oder ihre Zufriedenheit. Deine Lebensqualität oder ihr Einklang mit "der Normalität". Du...oder sie.
Und ein Rauswurf ist nicht so drastisch wie man vielleicht glaubt. Als ich 15 war, war eine Freundin abgehauen, da ihr Vater nach dem Tod der Mutter neu geheiratet hatte und sie die Neue hasste. Sie kam in eine spezielle Jugend-WG und blieb dort, bis sie eine eigene Wohnung haben konnte. Sie bekam auch finanzielle Unterstützung, da Kindergeld und Waisenrente nicht mehr auf den Vater ging, sondern an ihren staatlichen Vormund (der auch alle Entscheidungen für sie traf, da man beim Vater nicht mehr davon ausgehen konnte, dass er nicht GEGEN seine Tochter agieren würde). Deshalb, im Zweifelsfall kommst du in eine Wohnung mit anderen in deinem Alter und ähnlichem Schicksal (verstoßen von der Familie oder selbst wegen dem Hass dort abgehauen), bekommst einen Vormund und dein wöchentliches/monatliches Taschengeld.
Auf der Straße landest du nur, wenn du es auch so willst (sprich, dem Jugendamt aus dem Weg gehst).
Und wieso müssen deine Eltern eigentlich überhaupt wissen, dass du nen Termin hast?
Als ich in deinem Alter war, war ich tagsüber nach der Schule immer wieder mal weg. Freunde, in die Stadt gehen, im Sommer war ich schwimmen. Ich ging sogar spazieren. Solange ich vor 19 Uhr anrief, ob ich bei ner Freundin bleib oder nicht, war alles ok. Ich mein, du bist - was - 15? Du bist definitiv aus dem Alter raus, wo deine Eltern noch entscheiden müssen, ob du allein mit dem Bus in die Stadt kannst oder nicht.
Mach den Termin, fahr hin, mach nen neuen Termin, fahr hin, etc. Auf Nachfrage kannst du ja auch wahrheitsgemäß sagen, dass du in die Stadt fährst. Kauf vielleicht ab und zu Kleinigkeiten (wenn du eh bald nen neuen College-Block brauchst, dann kauf ihn bei der Gelegenheit), dann hinterfragen sie es nichtmal. Ich an deiner Stelle wäre bei ner Nachfrage vielleicht sogar so trotzig und würd erklären, dass es die Zwei ja eh nur interessiert, ob ich "normale Dinge" mache oder nicht und dann ohne Erklärung gehen.
Aber wie gesagt: Wenn du deine Krankenkassenkarte hast, dann kannst du den ganzen Weg von da aus praktisch alleine gehen. Und nach dem ersten Termin beim Psychater musst du die Karte meines Wissens nach eh nicht grundsätzlich vorzeigen, wenn deine Eltern dir diese danach aus Verdacht also wegnehmen, bist du immer noch auf der sicheren Seite.
Und - wie gesagt - im Zweifelsfall kannst du darauf pochen, dass deine Eltern indirekt einem Termin zugestimmt haben ("Ja, vielleicht" ist semantisch [also von der Art, wie man es interpretiert] ein positiver Satz und insofern mit einem "Ja, später" gleichzusetzen. Das Einzige, was man dir daher vorwerfen könnte, wäre, dass du das "später" auf "jetzt" vorgezogen hast).
Ausserdem:
Es kostet deine Eltern NICHTS.
Wenn der Befund Transexualität lautet (und solange du glaubst, du bist transexuell, dann ist der Befund auch so, denn mir wurde hier deutlich eingehämmert, dass Transexualität vor allem anderem eine SELBSTDIAGNOSE ist
), dann wird die Krankenkasse alles bezahlen. SPÄTER, wenn der Befund dann absolut gesichert ist und die Hormontherapie beginnt, da muss man dann die Medikamente kaufen. Aber wenn du es soweit geschafft hast, können deine Eltern definitiv auch nicht mehr behaupten, es ist "nur eine Phase".
3. Gibt es irgendwo eine Art Test oder Informationsseite, auf der man herausfinden kann ob man wirklich transsexuell ist? (Quasi so eine Art Selbstdiagnose)
Es gibt Webseiten, die behaupten, dass man danach weiß, ob man eine Phobie hat, nicht heimlich homsexuell ist oder wo angeblich rausgefunden werden kann, ob man autistisch ist.
Gemeinsam ist allen, dass diese meist sehr mit Klischees und falschen Vorstellungen der Krankheiten spielen und das viele Dinge nunmal erst über mehrere Gespräche klar festgestellt werden können, wo vier Fragen oder auch dreizig NICHT helfen.
Insofern: ich kann sicherlich Fragebögen finden. Die würden aber vermutlich schon sagen, dass du transexuell bist, wenn du lieber Männerkleidung trägst und das ist definitiv kein Markenzeichen von Transexualität (alle FzM waren an einem Punkt Frauen in Männerkleidung, aber nicht alle Frauen mit Männerkleidung sind FzM)
Ich bin einfach grad ziemlich verunsichert, weil ich auch ziemlich viele Versuche unternommen habe auf TS aufmerksam zu machen, aber es gilt wohl immer noch als "Phase in der Pubertät, die viele so empfinden".
Das ist eine Ausrede.
Glaub mir.
Ich bin 25, bei mir ist es auch eine Phase, nur halt keine Phase der Pubertät.
Wärst du 11, dann wärst du noch zu jung, bist du 30, dann "hattest du offenbar ein paar Probleme".
Ich würde mal dreist behaupten:
Deine Eltern haben nicht den Gedanken einer Phase als Grund und lehnen dich deshalb ab. Sie lehnen dich ab und haben sich dafür einen Grund gesucht.
Ähnliches sieht man auch bei Homophobie. Menschen, die Homosexuelle verachten, selbst wenn man aber alle Gründe logisch und mit tausend Beweisen widerlegt, ist die Verachtung noch da. Denn sie ist haltlos und kommt von der Person.
Und, vielleicht noch als letzter Hinweis:
Wenn du dich umschaust, wie reagieren die anderen Mädchen in deinem Alter? In meinem Alter gab es zwei Fraktionen: Die Verweigerer und die Ausprobierer.
Die ersten.......veränderten sich eigentlich nur vom Körperbau her. Sie können es verstörend finden oder akzeptieren. Den Gedanken, einen Männerkörper zu bekommen haben sie aber nur sehr selten und wenn, dann immer nur sehr kurz. Die Ausprobierer gehen ihre Rolle durch, versuchen also sexy, dann "Feministisch", dann dies, dann jenes zu sein. Erkennbar an dem Drang zu Make-Up und Markensachen, meist.
Und jetzt kommst du und sagst eigentlich nicht "mich stört meine Periode" und "meine Brüste sind unpraktisch" wie die meisten Verweigerer, du sagst (und ich weiß, dass du das Wort hier im Forum mehrmals so benutzt hast)
EKEL.
Du EKELST dich vor dir, deinem Körper. Glaub mir, vielleicht gibt es ein paar Mädchen, die so von ihrer Periode denken, aber beim Rest ihres Körpers ist mit diesem Gefühl dann doch eher meist Schluss.
Eine Freundin, mit der ich über meine Transexualität gesprochen habe, sagte ganz passend:
"Ich habe mich noch nie in Frauenkleidung wohl gefühlt und trag sogar die Unterhosen von meinem Freund. Aber ich habe nie in Frage gestellt eine Frau zu sein und könnte mir niemals vorstellen, ein Mann zu werden"
DAS ist der Unterschied. Du und ich und wir alle, wir schauen auf fertige Transmänner und -frauen mit Sehnsucht und Neid, wo "Normale" nur mit Irritation, Abneigung und Schrecken reagieren KÖNNEN (denn sie sind richtig in ihrem Körper, es käme für sie einer Amputation gleich). Eine Pubertät kann vieles. Was definitiv wohl Teil deiner Pubertät ist, ist dass du derzeit emotional wankelmütig bist, deine Rolle suchst (und dich deshalb den Meinungen anderer unterwerfen willst) und - leider - nicht ernst genommen wirst.
Aber das du ein MANN sein willst, wenn dein Körper den einer Frau ausbildet, dass ist nicht pubertär bedingt. So eine Phase haben manche vielleicht mit 12 oder 13, wenn halt die Periode frisch einsetzt oder die Brüste anfangen und das Kind ein völliges Fremdgefühl entwickelt. Aber danach ist das Kind für gewöhnlich dann auch schnell drin. Es weiß schließlich Mädchen → Frau, dann sucht es sich seine Rolle und akzeptiert, was passiert (bis auf Kleinigkeiten wie "Meine Brust ist zu klein" oder "Ich hab so ne breite Hüfte gekriegt"). Dass du mit 15! (also zwei Jahre älter als die Meisten, die schon längst in der Rolle sind) da "noch" so massive Zweifel hast, spricht eigentlich gegen die Theorie von der Pubertät.
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Deshalb, mach einen Termin.
Ein TS-spezialisierter Psychater weiß, welche Fragen er stellen und welche Anmerkungen er machen muss, damit sowohl er als auch du tiefgehend und gründlich überlegen, was dich stört, warum und was du dagegen tun willst.
Er kann dir helfen, dich zu finden. Und wenn du dich gefunden hast, dann weißt du was los ist und...den Weg musst du dann selbst entscheiden.
Andere...oder du.