Stimmbruch
Ein Beitrag von Nick & David
Ein TM wird im Alltag oft schon visuell als jungen Mann wahrgenommen unabhängig davon, ob er bereits mit der Hormonbehandlung angefangen hat oder nicht.
Meist reicht das nächste gesprochene Wort um die schöne Seifenblase platzen zu lassen.
Daher ist der Stimmbruch wahrscheinlich eine von Transmännern am sehnlichsten erwartete Wirkung von Testosteron.
Im Kehlkopf wird die menschliche Stimme gebildet, jedoch bedarf es zusätzlich der gesamten Atmung um gesprochene und gesungene Worte und Töne hervorzubringen.
Der Kehlkopf besteht aus verschiedenen Knorpeln, Muskeln, Bändern und Schleimhäuten und liegt am oberen Ende der Luftröhre.
Im Kehlkopf liegen auch die beiden Stimmlippen. Sie bestehen aus Bindegewebe und Muskeln und sind von einer Schleimhaut umgeben. Der größte Knorpel ist der Schildknorpel, den man auch, wenn er am Hals von Männern sichtbar wird, den "Adamsapfel" nennt.
Die Stimmlippen werden durch ein komplexes Zusammenspiel der Muskulatur im Kehlkopf bewegt.
Beim Atmen öffnen sich die Stimmlippen um Luft in die Lunge gelangen zu lassen, beim Sprechen werden sie geschlossen.
Luft wird gegen die Stimmlippen gedrückt, die daraufhin im Luftstrom vibrieren. Die regelmäßigen Schwingungen in der Luft hört man dann als Stimme.
Die Kehlkopfmuskeln regeln die Feinabstimmung. Durch die Veränderung der Stimmlippen in ihrer Länge und ihrer Spannung wird die Tonhöhe reguliert. Die Lautstärke der Stimme wird mit der Stärke des Luftdrucks auf die Stimmlippen reguliert.
Zur Tragfähigkeit der Stimme tragen zusätzlich eine aufrechte und entspannte Körperhaltung sowie eine Bauchatmung bei.
Was beim Stimmbruch in der Pubertät passiert
Während des Stimmbruchs wächst der Kehlkopf und die Stimmlippen werden länger, sie schwingen dadurch langsamer und der Ton wird tiefer.
Bei Jungen verlängern sich die Stimmlippen um 4-10 mm und die Stimme sinkt um ca. eine Oktave. Auch bei Mädchen findet eine Verlängerung der Stimmlippen statt, jedoch nur um wenige mm (1-3). Die Stimme sinkt nur um eine Terz oder Quart.
Außerdem wächst im Rahmen des allgemeinen Wachstumsschubs der Hals und der Kehlkopf senkt sich bei Jungs ein zweites Mal im Hals ab. Dadurch bekommt die männliche Stimme ihren vollen Klang ("Brustresonanz").
Bemerkbar macht sich der Stimmbruch mit den bekannten Folgen. Die Stimme wird rauh, heiser, brüchig und instabil. Sie ist im gesamten nicht mehr so leistungsfähig. Die Stimme kippt zwischen der bereits männlichen Stimmlage und der Kinderstimme.
Das liegt einerseits daran, dass die Wachstumsprozesse im Stimmorgan durchschnittlich ein Jahr andauern. Andererseits braucht das Gehirn eine gewisse Zeit, sich an die veränderten Verhältnisse im Kehlkopf umzustellen.
Stimmproben
Einige Stimmproben findet ihr auf https://transmann-info.com/Tagebuecher/Stimmaufnahmen/
(Nachträglich durch den Webseitenadmin eingefügt.)
David Scheidt, über den "Stimmbruch" bei Transmännern
Nick hat Euch ja jetzt schon einiges darüber erzählt, wie die menschliche Stimme so im allgemeinen funktioniert und was sich bei Biomenschen während des Stimmbruchs tut. Jetzt fehlt noch die Antwort auf die Frage: "Und wie ist das bei Transmännern?"
Leider gibt es dazu so gut wie gar keine Literatur, deswegen ist es zur Zeit nur möglich, Vermutungen anzustellen:
Da die meisten von uns erst nach der Pubertät Testosteron bekommen, ist es unwahrscheinlich, dass bei uns dieselben organischen Veränderungen stattfinden wie in der Pubertät bei biologischen Männern.
In der Regel ist ja das Körperwachstum abgeschlossen, also auch das von Hals und Kehlkopf. Am ehesten wird sich was an den Stimmlippen tun. Und zwar werden die weniger an Länge sondern eher an Masse zunehmen. Die Wirkung ist aber eine ähnliche:
Auch eine Massenzunahme (z.B. durch Muskelwachstum oder Einlagerung von Wasser) führt zu einer Absenkung der Stimmlage.
Quellen:
Broschüre der Deutschen Gesellschaft für Sprachpädagogik - Stimmstörungen bei Jugendlichen und Erwachsenen
Transmann Newsletter
Biealski, P. (1982). Phoniatrie - Pädaudiologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag.
Benninger et al. (1994). Vocal Arts Medicine. New York: Thieme Verlag
Anmerkung des Webseitenadmin: Die Bezeichnungen "Transmann" etc. sind nicht vorteilhaft, wir sprechen hier von NIBD-Betroffenen, aber es waren noch andere Zeiten, der Beitrag ist schon über 10 Jahre alt.