Transsexualität-NIBD

Autor Thema: coming out und unialltag  (Gelesen 2439 mal)

Offline lia

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coming out und unialltag
« am: 22.Aug 2010, 04:51 »
Hi an alle.

Mein Name ist Lia, Ich bin 23 und Ich studiere Architektur in Berlin.Seit ich ein Kind war fühlte ich mich schon als Mädchen bzw. Frau ,jedoch konnte mich nie jemand verstehen.Auch meiner Mutter versuchte Ich es bereits beizubringen als ich 13 war , aber da diese gar nicht verstand was ich Ihr erklärte, machte ich dummerweise einen Rückzug und beschloss meine männliche Rolle zu verstärken.Dies gelang sogar ganz gut, aber in meiner Fantasie hab ich niemals aufgehöhrt mir vorzustellen, dass ich endlich eine Frau sei.Da ich mittlerweile alleine wohne hab ich seit gut 3 Monaten angefangen mir weibliche Kleidung anzulegen, meine Haare sind mittlerweile sehr lang, und ich versuche so oft es geht meine wahres ich auszuleben.
Leider hab ich es nicht mehr geschafft mit jemandem darüber zu reden, und ich befürchte ,dass die meisten meiner Freunde wenig Verständnis aufbrächten,da ich meine wahre Seite meist so stark wie möglich zu unterdrücken versuchte und so die rolle eines Macho spielte der ich nicht bin.
Mittlerweile bin ich total verzweifelt. und mein Körper wiedert mich an.
Vielleicht hat jemand Tipps für mich wie es weiter gehen kann.Ich wuerde gerne in eine Therapie gehen , hat vllcht jemand von euch Erfahrungen mit Therapeuten in Berlin gemacht???
Weiter stelt sich mir die Frage wie es mit der Uni aussieht, gibt es hier ein Mädel, das seinen Weg whärend des Studiums eingeschlagen hat und davon berichten kann.
Ich hoffe auf euren Rat.

lg Lia

Offline Angelika

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #1 am: 22.Aug 2010, 11:53 »
Hallo Lia,

erst mal herzlich willkommen hier.
...meine wahres ich auszuleben.
Es ist wichtig zu schauen, was das "wahre ich" ist. Ob das, was Du Dir wünscht nicht nur ein Ideal von Deinen Wünschen ist.

Dein "wahres ich" bis Du selbst in dir drin, nicht die sichtbare Hülle. Wenn Du den Macho spielst, dann *bist* Du erst mal dieser. Wenn Du Dich ändern willst, dann *tu* das, egal wie erst mal die Hülle ist.

Willst Du den fiesen Macho spielen bis zu dem Tag, an dem Du dann den Wechsel machst und dann holter-die-polter "eine Frau sein"? Meinst Du, das geht?
Zitat
Weiter stelt sich mir die Frage wie es mit der Uni aussieht...
Ich denke mir, nicht spezieller als anderswo; auf der Arbeit oder so. Es kommt auf die Personen an, mit denen Du zu tun hast und wie authentisch und "wirklich" Du rüberkommst.

Liebe Grüße
Angelika

Offline bea

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #2 am: 22.Aug 2010, 12:45 »
Hallo Lia,

erstmal herzlich willkommen hier. Angelika hat ja schon ganz wichtiges gesagt, daher von mir nur ein paar Ergänzungen: mach einen möglichst großen Bogen um die Charitee. Dort arbeitet ein TS-Spezialist, der in dem Ruf steht, die Betroffenen eher zu behindern (Prof. Beyer). Ansonsten tust Du Dir einen Riesengefallen, wenn Du Dich so rasch wie möglich um einen Therapieplatz bemühst - ohne langen psychotherapeutischen Vorlauf läuft zur Zeit so gut wie nichts (und so weit fortgeschritten, dass eine gute therapeutische TS-Begleitung verzichtbar sein könnte, scheint mir Dein Selbstfindungsprozess noch nicht zu sein.) Adressen findest Du in unserem Portal und ggf. auch über den Sonntagsclub.

Was die Uni anbelangt: wenn Du wirklich eine Transition benötigst, macht es einen Sinn, zumindest die Namensänderung vor dem ersten Abschlusszeugnis durchzubekommen. Die nachträgliche Änderung von Uni-Zeugnissen ist leider nicht immer stressfrei.
Wichtig: die Namensänderung ist *unabhängig* von irgendwelchen medizinischen Maßnahmen - sie soll den *sozialen* Wechsel ermöglichen.
Ansonsten kann ich Deine Sorgen gut verstehen. Gerade der soziale Wechsel ist so gut wie immer angstbehaftet. Aber gerade die Uni ist doch ein Umfeld, in dem man dies vergleichsweise einfach und risikoarm vollziehen kann, nicht wahr? In der Vergangenheit habe ich mir häufig gewünscht, noch einmal in einem derart offenen Klima die Chance zu haben und wirklich als Frau ins Berufsleben zu starten.

In unserer SHG ist übrigens eine Studentin, und ich kenne mehrere Frauen, die während ihrer Promotionen den Wechsel durchgezogen haben.

Was die Freunde anbelangt, so sollte Dir klar sein, dass ein transsexuelles Coming Out aufzeigt, wer Deine wahren Freunde sind. Im Extremfall kannst Du tatsächlich alle Kontakte verlieren, und darauf solltest Du auch gefasst sein. Meist kommt es aber nicht lange so hart, vor allem aber ist es in Deinem Alter noch vergleichsweise einfach, ein neues Umfeld aufzubauen. Man verliert auf der einen Seite und gewinnt auf der anderen dazu.
Anfang 2005: Versuch, als Crossdresser klarzukommen
Oktober 2005: HRT
Anfang 2006: weitgehend kompletter sozialer Wechsel
2007: VÄ, Orchiektomie und offizieller Beginn der Nadelepi
2008: GA-OP bei Dr. Rossi

Offline Johanna

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #3 am: 23.Aug 2010, 14:31 »
[...]da ich meine wahre Seite meist so stark wie möglich zu unterdrücken versuchte und so die rolle eines Macho spielte der ich nicht bin.
Dann hör erst einmal auf, den Macho zu spielen. Auch ein Mann kann einiges an weiblichem Verhalten zulassen - nicht gerade Schminken, wohl aber Gesten, Redeweise, Sozialverhalten (wenn es nicht gerade um Sex, Erotik oder Liebe geht), Interessen und einiges Weiteres. Wenn du dabei selbstbewusst bist und dazu stehst, ist das alles kein Problem - im Studium seid ihr keine pubertierenden Jugendlichen mehr. Alleine wenn du im Verhalten zu dir stehst, könnte das den psychischen Druck schon erheblich mindern.

Ich frage mich da gerade eher, ob man bei so einem scheiß Diplom nachträglich den Namen ändern kann,
Das kann man, sobald die Vornamensänderung durch ist.

Andrea_K

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #4 am: 23.Aug 2010, 15:50 »
Ich frage mich da gerade eher, ob man bei so einem scheiß Diplom nachträglich den Namen ändern kann,
Das kann man, sobald die Vornamensänderung durch ist.
Okay, danke für den Tipp, damit fühle ich mich schon viel besser.
Alles andere wäre auch entgegen dem im TSG festgeschriebenen Offenbarungsverbot.

~*Bennet*~

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #5 am: 23.Aug 2010, 16:26 »
huhu
Also will dir mal über meine Erfahrungen berichten da ich auch in Behandlung bin in Berlin.
Als ich mir trans eingestanden hab bin ich bei Frau Fakih gelandet. Frau Fakih ist eine (ich weis nicht wie ich es dir Erklären soll) ist eine nette Person, allerdings hat sie so eine Art mit der vielleicht nicht jeder zurechtkommt. Ich kann sie bis Heute nicht sehr gut einschätzen. Und ich habe das Gefühl sie kennt sich auf dem Gebiet trans auch nicht so gut aus. Allerdings muss ich sagen hatte ich dank Ihr, schon nach ca. 5-8 Sitzungen meine Freigabe für die Hormone, ohne Alltagstest, ohne alles. Dann bin ich zur Frau Bast die auf dem Gebiet trans sehr erfahren wirkt bzw. ist. Frau Bast ist eine nette, kennt sich gut aus, hat aber auch dementsprechend lange Wartezeiten. Mann kann schon mal eine Stunde im Wartezimmer sitzen und ist man neu wartet mann ersteinmal auf seinen ersten Termin. Hört sich aber schlimmer an als es ist. Also ich würde dir bis jetzt Frau Bast empfehlen, sie stellt sich einem nicht in dem Weg, mann muss keinen Test bestehen oder so, sie hilft und unterstützt dich wie du es brauchst. Aber die Erfahrung musst du selbst mit ihr machen. Das ist meine Meinung. Hormone bin ich bei Herrn Meckis, da kannst du aber wenn es soweit ist nochmal fragen. Hoffe ich konnte soweit helfen. lg

Offline bea

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #6 am: 23.Aug 2010, 16:33 »
Das ist wahr. Aber es gibt einen Uralt-Erlass der Kultusministerkonferenz, demzufolge Unizeugnisse nur mit dem Vermerk "Zweitschrift" geändert werden sollen. Das ist fast genauso ungünsig wie Zeugnisse mit dem alten Namen, denn sie suggerieren, dass man irgendwas verbaselt hat. Ein hervorragende Basis für eine Bewerbung.

In der Praxis sieht das dann so aus, dass einige Unis, z.B. Mainz, das analog zu der Praxis bei Arbeitszeugnissen machen, mache Unis sich glatt weigern zu ändern (ich kenn da einen Mann, dem das passiert ist). In Hessen besteht man auf der Anwendung des alten Erlasses und verlangt zudem 50 EUR für jedes Dokument (Vordiplomszeugnis, Diplomzeugnis, Diplom, ggf. dann noch Promotionsurkunde).

Daher möchte ich nochmal eine Aussage von Deborah Reinert wiedergeben: ein Erlaß ist eine Handlungsanweisung. Er besitzt keinerlei Rechtsverbindlichkeit (und er schafft auch kein Recht).
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Andrea_K

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #7 am: 23.Aug 2010, 16:46 »
Es gibt Dinge...*kopfschüttel*

Aber danke, dann weiss ich bescheid, falls es bei mir bei der Änderung meines Bachelorzeugnisses dazu kommt.

Offline Kimber

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #8 am: 23.Aug 2010, 18:54 »
Als Gutachter in Berlin kann ich Herrn Wegener empfehlen.

Zum einen arbeitet der fix (vom ersten telefonischen Kontakt bis zur Gutachtenkopie durch das Gericht im Briefkasten brauchte es zwei Termine und rund drei Wochen), legt so gut wie keinen Wert auf die Sexualität, spart sich eine körperliche Untersuchung und schreibt auch bei einem Gutachten zur VÄ mit rein, wenn aus psychologischer Sicht nichts gegen weitergehende Schritte wie die OP spricht. Der gute Mann wirkte recht routiniert und professionell auf mich, was nicht verkehrt ist.

Und nebenbei kann man mal richtig ablästern, angefangen von A wie Abschaffung des Gutachtersystems über P wie Psychologie und ihr völliges Versagen im Umgang mit TS über R wie Rufmord durch die Einstufung als geistesgestört bis Z wie Zwangstherapie.
Überraschenderweise reagieren Gutachter gar nicht so mies wie erwartet, wenn man ihnen mal die Meinung zu dem Müll sagt.

Bei Frau Bast fand ich die Wartezeiten teilweise extrem dreist...vor allem wenn man schon rund sechs Wochen auf einen Gutachtertermin wartet und zwei Tage davor die Sprechstundenhilfe anruft, um den Termin abermals zu verschieben...in solchen Momenten kommt gute Laune auf.
Positiv ist allerdings, dass ich auch für das Gutachten bei Frau Bast nicht die Hosen runterlassen musste. Und auch die schaut überrascht, wenn man ihr mal die Meinung zum Umgang mit TS sagt.

Offline Michela

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Re: coming out und unialltag
« Antwort #9 am: 24.Aug 2010, 09:02 »
Amtliche Ausweisdokumente (Perso, Führerschein...) müssen nach der VÄ geändert werden.
Dei Sozialversicherungsnummer und das Geschlechtskürzel im Reisepass dürfen auf Antrag geändert werden.
Wegen des Geldwäschegesetzes muss der Name in Konten, Bankverbindungen usw. geändert werden.

Alles andere passiert nur auf Wunsch der Betroffenen. (@Gollum: Du wirst keine andere Person, sondern bekommst nur einen anderen Namen!) Die alten Zeugnisse bleiben auch mit dem alten Namen gültig, es sieht eben nur blöde aus, sich mit altem Zeugnis und Gerichtsbescheid zu bewerben.  ;)

Wie es bei mir lief:
Das Abiturzeignis bekam ich gemäß Wunsch auf einem aktuellen Formular rückdatiert ohne Kennzeichnung "Zweitschrift". Wer genau hinguckt, sieht im Kleingedruckten jetzt zwei Fehler: Es wird ein Schulgesetz von 1998 zitiert, und die Schule hat in der Anschrift eine 5-stellige Postleitzahl. Beides gab es damals noch nicht.
Das Vordiplomzeugnis der Uni wurde eine Zweitschrift, weil das alte Papier und die passenden Stempel nicht mehr existierten.
Beim Diplom der FH haben sie sich richtig Mühe gegeben, im Keller Reste der alten Formulare gefunden, sogar das alte Prägesiegel. Nur an 2 Stellen, wo eigentlich der Fachbereichsstempel hingehört, mussten sie den allgemeinen Hochschulstempel nehmen, weil der Fachbereich einschließlich aller Stempel längst Geschichte ist -> Bätschäläär.

Fazit: Die Hochschulen müssen zumindest Zweitschriften auf den neuen Namen ausstellen. Zaubern können sie nicht.