Hallo zusammen
Die Überschrift trifft es leider ziemlich gut - wie bei den meisten hier geht es um die Frage, ob ich transsexuell bin. Wenn ich ehrlich bin, ich weiß nicht mehr, wie ich es mir selber noch beantworten soll. Ich habe Bücher gelesen zuhauf, kenne die gängige Verfahrensweise vielleicht nicht auswendig, aber doch soweit, dass man es als informiert bezeichnen kann. Ich bin beständig mit Selbstanalyse beschäftigt und muss mir selber leider inzwischen in Aussicht stellen, dass mir kein Therapeut wirklich glauben wird, weil ich einfach nicht genug leide. Ich bin nicht seit meiner Kindheit betroffen, war glaube ich lange Zeit ein innerlich zumindest nicht ungewöhnlicher Junge, der wegen seiner zu langen Haare gehänselt wurde. Es gibt Episoden in meiner entfernten Vergangenheit, in denen ich meinem Kindermädchen sage, dass ein Mädchen zu sein doch viel toller wäre, aber ich bin einfach nicht gut genug darin, mir was vorzumachen, um das irgendwie als Zeichen zu erkennen. Ich wünschte, ich hätte einen Musterlebenslauf für eine Diagnosestellung, aber ich hab ihn nicht.
Also warum schreibe ich das alles überhaupt..ich schreibe, weil es nagt. Es quält mich. Ich kann nicht genau sagen, wann es anfing. Realistisch ist wohl, zu behaupten, dass ich während einer Zeit, in der ich überzeugt war, Schauspieler zu werden, anfing, meine weiblicheren Seiten zu entdecken. Sie waren irgendwie verzerrt, wurden in künstlerisches Gebärden kanalisiert...mein Vater meinte, ich sei schwul. Wäre ja auch eine Möglichkeit, aber ich kann mich in den letzten 10 Jahren nicht erinnern, plötzlich die Erkenntnis gehabt zu haben, dass Männer irgendwie anziehend sind. Diese Künstlerphase hielt nicht ewig...sie wurde von einer sehr traditionellen Beziehung abgelöst, die direkt nach der Schule anfing...ich schnitt mir die Haare ab, wurde irgendwie...normal...machte Zivildienst in einer technischen Abteilung, setzte etwas Bauchspeck an...wurde ein ziemlicher Pantoffelheld...ich fand mich selbst glaube ich ziemlich minderwertig, vor allem im Nachhinein.
Was kam danach...ich wohnte allein...fing an, mich zu schminken. Schminken war ein Bedürfnis, was ziemlich ohne konkrete Absichten kam...ich kanalisierte das alles in eine schwarze Szene Zugehörigkeit, aber selbst auf deren Parties war ich irgendwie der Freak, weil ich mir die Art und Weise, mich zurechtzumachen irgendwie eher von den weiblichen Szenemitgliedern abschaute. Ich hatte eine recht glückliche Beziehung in dieser Zeit...meine Freundin machte es mir nicht schwer, war ein sehr derber, fröhlicher Mensch...ich konnte irgendwie mein inneres Mädchen ausleben, auch, wenn ich es nicht so nannte (sie dafür schon ^^)...toupierte meine Haare, war am längsten vor dem Spiegel. Doch irgendwann...ich weiß nicht, wann es sich einschlich...musste ich dennoch begreifen, dass man von mir am Ende ja doch irgendwie erwartete, dass ich der Kerl bin...der Typ, der ständig vögeln will...das gehört sich ja so oder? Am Ende der Beziehung wurde es dann irgendwie ganz verquer...ich begann zu trainieren...baute Muskeln auf (Muskeln, die ich heute wieder loswerden will -.-)...hatte immer was anderes zu tun...wartete, dass es zuende geht...man sollte meinen, dann würde ja alles passen...aber irgendwie widerte ich mich auch an...
Es ist alles so müßig...als hätte ich die Hälfte meiner Energie nicht zur Verfügung, weil ich damit beschäftigt bin, mich zu fragen, wann es endgültig zu spät ist. Irgendwann vor 8 Jahren während meiner Szenezeit, sprach ich mit meiner Mutter darüber, dass ich vielleicht eigentlich eine Frau sein sollte...ich wusste nicht viel über das Thema zu jener Zeit...sie war sehr verständnisvoll - ich kann da keine Horrorszenarien berichten - mit meinem Vater könnte ich da allerdings sicher schlechter drüber reden. Und doch...vor kurzem sagte sie mir noch, wie schwer das damals für sie war...wirkte sehr froh, dass es vorüberging...aber irgendwie tat es das nicht....
Ich bin kein Klischee...ich mache mir nicht viel aus Röcken...oder hochhackigen Schuhen (womit ich nicht sagen will, dass das irgendwie bei den meisten zuträfe - aber es ist halt so ein Klischeebild)...ich bin eher ziemlich alternativ...wahrscheinlich würde ich vermehrt in Pumphosen o.ä. rumrennen...und meine Füße tun mir leid bei der Vorstellung, sie mit Pfennigabsätzen zu quälen....aber es ist einfach da. Wie ein bohrender Schmerz, der immer wiederkehrt, wenn mir jemand sagt, ich sei ein Kerl, ich nicht mehr länger versehentlich als Frau bezeichnet werde oder mein Vater mir - eher scherzhaft - sagt, mein Haar sei schon wieder zurückgegangen (verteufelt seien die Geheimratsecken, verdammte Genetik). Ich finde mit den Jahren tonnenweise Alternativschauplätze - mache Yoga, ernähre mich Vegan, liebäugle mit Ballett...natürlich machen das alles auch Jungs, aber die Frage ist, warum ich es mache...ich finde immer noch was mehr...aber eine gute Freundin sagte mir neulich, dass ich einfach nicht glücklich wirke, weil ich meine postulierte Transsexualität schon seit vielen Jahren anspreche und mich einfach nicht zu mehr traue. Ich bin heute 28...gut zehn Jahre sind es jetzt dennoch inzwischen...und ich habe einfach Angst, immer mehr Zeit zu verlieren, weil ich den Mund nicht aufkriege. Weil mir keiner glauben wird. Kann ja immerhin auch regelmäßige Herbstdepressionen vorweisen - an denen wirds dann im Zweifel liegen. Manchmal lächeln mich Frauen an - das ist früher viel seltener passiert. Die besagte Freundin meinte, sie wolle mir nicht wehtun, aber das läge wohl daran, dass mein Gesicht mittlerweile nen ganzen Tacken männlicher geworden sei. Ich weiß nicht, was ich tue, wenn ich zurücklächele...was sehen diese Frauen in mir? Weiß noch, wie ich während meiner Theaterzeit das erste mal sah, wie sich zwei Frauen küssten...es erfüllt mich mit Wehmut, denn es ist mir unerreichbar...werde mich immer wie das plumpe Etwas fühlen. Hatte bis vor kurzem noch eine weitere Beziehung...wieder sehr traditionell. Habe mich bemüht, eine starke Schulter zu werden, an die man sich lehnen kann. Kam mir künstlich dabei vor. Hatte sehr lange ein ziemlich weibliches Gesicht...hasse mich ein wenig dafür, dass ich es nicht vor zehn Jahren schon angefangen habe. Wie sehr werde ich mich nach 10 weiteren Jahren verachten? Muss ich erst Ehen vor imaginäre Wände fahren in einem weiteren Versuch, den Erwartungen aller gerecht zu werden? Welches ist mein wahres Ich? Ich zocke auch...und bin ziemlich putzfaul...und spiele in einer Rockband...machen mich diese vermeintlich "männlichen" Eigenschaften zu einem Selbstbetrüger? Habe mir zwischendurch Hormone beschafft...wollte wissen, wie es sich anfühlt, die triebhaft männlichen Züge in meinem Kopf, die ständig irgendeinem Hintern hinterherschauen, ein wenig zur Ruhe zu bringen...und beruhigend war es. Habe auch erste Spannungsgefühle im Brustbereich...freue mich eigentlich... Leider - oder zum Glück? - bin ich aber auch ein ziemlich ängstlicher Mensch, der schnell Panik bekommt, sich damit umzubringen. So selbstverachtend bin ich eben doch nicht - habe mich schon irgendwie gern. Ein Grund dafür, dass ich nie in der Lage wäre, die Selbstverstümmelungsgedanken, die mir manchmal kommen, irgendwie auch nur anzugehen. Sollte wohl zu einem Therapeuten...weiß es ja...aber wollte es dennoch mal alles niederschreiben. Vielleicht, damit man mir Mut macht...damit man mir sagt, dass ich echt bin...dass das nicht nur nach der Spinnerei klingt, die mir ein Großteil meines Umfeldes Vorhalten wird, wenn ich damit rausrücke. Danke für eure Zeit.