Transsexualität-NIBD

Autor Thema: Ich weiß ja nichtmal, was ich als Überschrift...Transsexualität?  (Gelesen 4372 mal)

Offline Jeanne Rising

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Hallo zusammen :)

Die Überschrift trifft es leider ziemlich gut - wie bei den meisten hier geht es um die Frage, ob ich transsexuell bin. Wenn ich ehrlich bin, ich weiß nicht mehr, wie ich es mir selber noch beantworten soll. Ich habe Bücher gelesen zuhauf, kenne die gängige Verfahrensweise vielleicht nicht auswendig, aber doch soweit, dass man es als informiert bezeichnen kann. Ich bin beständig mit Selbstanalyse beschäftigt und muss mir selber leider inzwischen in Aussicht stellen, dass mir kein Therapeut wirklich glauben wird, weil ich einfach nicht genug leide. Ich bin nicht seit meiner Kindheit betroffen, war glaube ich lange Zeit ein innerlich zumindest nicht ungewöhnlicher Junge, der wegen seiner zu langen Haare gehänselt wurde. Es gibt Episoden in meiner entfernten Vergangenheit, in denen ich meinem Kindermädchen sage, dass ein Mädchen zu sein doch viel toller wäre, aber ich bin einfach nicht gut genug darin, mir was vorzumachen, um das irgendwie als Zeichen zu erkennen. Ich wünschte, ich hätte einen Musterlebenslauf für eine Diagnosestellung, aber ich hab ihn nicht.

Also warum schreibe ich das alles überhaupt..ich schreibe, weil es nagt. Es quält mich. Ich kann nicht genau sagen, wann es anfing. Realistisch ist wohl, zu behaupten, dass ich während einer Zeit, in der ich überzeugt war, Schauspieler zu werden, anfing, meine weiblicheren Seiten zu entdecken. Sie waren irgendwie verzerrt, wurden in künstlerisches Gebärden kanalisiert...mein Vater meinte, ich sei schwul. Wäre ja auch eine Möglichkeit, aber ich kann mich in den letzten 10 Jahren nicht erinnern, plötzlich die Erkenntnis gehabt zu haben, dass Männer irgendwie anziehend sind. Diese Künstlerphase hielt nicht ewig...sie wurde von einer sehr traditionellen Beziehung abgelöst, die direkt nach der Schule anfing...ich schnitt mir die Haare ab, wurde irgendwie...normal...machte Zivildienst in einer technischen Abteilung, setzte etwas Bauchspeck an...wurde ein ziemlicher Pantoffelheld...ich fand mich selbst glaube ich ziemlich minderwertig, vor allem im Nachhinein.

Was kam danach...ich wohnte allein...fing an, mich zu schminken. Schminken war ein Bedürfnis, was ziemlich ohne konkrete Absichten kam...ich kanalisierte das alles in eine schwarze Szene Zugehörigkeit, aber selbst auf deren Parties war ich irgendwie der Freak, weil ich mir die Art und Weise, mich zurechtzumachen irgendwie eher von den weiblichen Szenemitgliedern abschaute. Ich hatte eine recht glückliche Beziehung in dieser Zeit...meine Freundin machte es mir nicht schwer, war ein sehr derber, fröhlicher Mensch...ich konnte irgendwie mein inneres Mädchen ausleben, auch, wenn ich es nicht so nannte (sie dafür schon ^^)...toupierte meine Haare, war am längsten vor dem Spiegel. Doch irgendwann...ich weiß nicht, wann es sich einschlich...musste ich dennoch begreifen, dass man von mir am Ende ja doch irgendwie erwartete, dass ich der Kerl bin...der Typ, der ständig vögeln will...das gehört sich ja so oder? Am Ende der Beziehung wurde es dann irgendwie ganz verquer...ich begann zu trainieren...baute Muskeln auf (Muskeln, die ich heute wieder loswerden will -.-)...hatte immer was anderes zu tun...wartete, dass es zuende geht...man sollte meinen, dann würde ja alles passen...aber irgendwie widerte ich mich auch an...

Es ist alles so müßig...als hätte ich die Hälfte meiner Energie nicht zur Verfügung, weil ich damit beschäftigt bin, mich zu fragen, wann es endgültig zu spät ist. Irgendwann vor 8 Jahren während meiner Szenezeit, sprach ich mit meiner Mutter darüber, dass ich vielleicht eigentlich eine Frau sein sollte...ich wusste nicht viel über das Thema zu jener Zeit...sie war sehr verständnisvoll - ich kann da keine Horrorszenarien berichten - mit meinem Vater könnte ich da allerdings sicher schlechter drüber reden. Und doch...vor kurzem sagte sie mir noch, wie schwer das damals für sie war...wirkte sehr froh, dass es vorüberging...aber irgendwie tat es das nicht....

Ich bin kein Klischee...ich mache mir nicht viel aus Röcken...oder hochhackigen Schuhen (womit ich nicht sagen will, dass das irgendwie bei den meisten zuträfe - aber es ist halt so ein Klischeebild)...ich bin eher ziemlich alternativ...wahrscheinlich würde ich vermehrt in Pumphosen o.ä. rumrennen...und meine Füße tun mir leid bei der Vorstellung, sie mit Pfennigabsätzen zu quälen....aber es ist einfach da. Wie ein bohrender Schmerz, der immer wiederkehrt, wenn mir jemand sagt, ich sei ein Kerl, ich nicht mehr länger versehentlich als Frau bezeichnet werde oder mein Vater mir - eher scherzhaft - sagt, mein Haar sei schon wieder zurückgegangen (verteufelt seien die Geheimratsecken, verdammte Genetik). Ich finde mit den Jahren tonnenweise Alternativschauplätze - mache Yoga, ernähre mich Vegan, liebäugle mit Ballett...natürlich machen das alles auch Jungs, aber die Frage ist, warum ich es mache...ich finde immer noch was mehr...aber eine gute Freundin sagte mir neulich, dass ich einfach nicht glücklich wirke, weil ich meine postulierte Transsexualität schon seit vielen Jahren anspreche und mich einfach nicht zu mehr traue. Ich bin heute 28...gut zehn Jahre sind es jetzt dennoch inzwischen...und ich habe einfach Angst, immer mehr Zeit zu verlieren, weil ich den Mund nicht aufkriege. Weil mir keiner glauben wird. Kann ja immerhin auch regelmäßige Herbstdepressionen vorweisen - an denen wirds dann im Zweifel liegen. Manchmal lächeln mich Frauen an - das ist früher viel seltener passiert. Die besagte Freundin meinte, sie wolle mir nicht wehtun, aber das läge wohl daran, dass mein Gesicht mittlerweile nen ganzen Tacken männlicher geworden sei. Ich weiß nicht, was ich tue, wenn ich zurücklächele...was sehen diese Frauen in mir? Weiß noch, wie ich während meiner Theaterzeit das erste mal sah, wie sich zwei Frauen küssten...es erfüllt mich mit Wehmut, denn es ist mir unerreichbar...werde mich immer wie das plumpe Etwas fühlen. Hatte bis vor kurzem noch eine weitere Beziehung...wieder sehr traditionell. Habe mich bemüht, eine starke Schulter zu werden, an die man sich lehnen kann. Kam mir künstlich dabei vor. Hatte sehr lange ein ziemlich weibliches Gesicht...hasse mich ein wenig dafür, dass ich es nicht vor zehn Jahren schon angefangen habe. Wie sehr werde ich mich nach 10 weiteren Jahren verachten? Muss ich erst Ehen vor imaginäre Wände fahren in einem weiteren Versuch, den Erwartungen aller gerecht zu werden? Welches ist mein wahres Ich? Ich zocke auch...und bin ziemlich putzfaul...und spiele in einer Rockband...machen mich diese vermeintlich "männlichen" Eigenschaften zu einem Selbstbetrüger? Habe mir zwischendurch Hormone beschafft...wollte wissen, wie es sich anfühlt, die triebhaft männlichen Züge in meinem Kopf, die ständig irgendeinem Hintern hinterherschauen, ein wenig zur Ruhe zu bringen...und beruhigend war es. Habe auch erste Spannungsgefühle im Brustbereich...freue mich eigentlich... Leider - oder zum Glück? - bin ich aber auch ein ziemlich ängstlicher Mensch, der schnell Panik bekommt, sich damit umzubringen. So selbstverachtend bin ich eben doch nicht - habe mich schon irgendwie gern. Ein Grund dafür, dass ich nie in der Lage wäre, die Selbstverstümmelungsgedanken, die mir manchmal kommen, irgendwie auch nur anzugehen. Sollte wohl zu einem Therapeuten...weiß es ja...aber wollte es dennoch mal alles niederschreiben. Vielleicht, damit man mir Mut macht...damit man mir sagt, dass ich echt bin...dass das nicht nur nach der Spinnerei klingt, die mir ein Großteil meines Umfeldes Vorhalten wird, wenn ich damit rausrücke. Danke für eure Zeit.
Jeanne Rising

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Offline mihi

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So wirklich exotisch klingt Dein Bericht nun auch wieder nicht.

Zunächst einmal kommt es nicht darauf an, dem Therapeuten etwas glaubhaft zu machen. Es kommt darauf an herauszufinden, wer man ist.

Bist Du schon einmal so richtig als Frau draußen rumgelaufen? Wenn nein, würde ich das auszuprobieren empfehlen, wenn Du den Mut dafür zusammenbekommst. Es ist die Frage, ob Du Dir in männlicher oder weiblicher Erscheinung normaler vorkommst. Oder auch in beiden, auch das ist möglich.

Da Du schreibst, daß Du Dich aufs Schminken verstehst: Wann gefällt Dir Dein Gesicht besser, wenn es männlich aussieht oder wenn es eher ins Weibliche tendiert?

Hast Du einen weiblichen Namen für Dich? Wie fühlt sich das an, wenn Du damit angesprochen wirst? Sträubt sich da 'was oder nicht?

Also Du siehst, worauf ich hinauswill: Grübeln bringt kein Ergebnis. Praxis geht vor Theorie. Wenn Du tatsächlich Leben als Frau ausprobierst, wirst Du schnell merken, ob das etwas für Dich ist und ob Du das immer so willst oder nur zeitweise.

Mihi

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Hi Du,

das klingt alles nicht komisch, im Gegenteil. Sogar ich hatte ne Phase wo ich dachte ich spinne. Liegt halt alles viel näher als der falsche Körper. Habe mir sogar gesagt "Werd erstmal erwachsen, bringe die Pubertät hinter Dich und dann sieh weiter." Tja, ist nicht vorbeigegangen und heute lebe ich als glücklicher Mann und hab sogar eine Freundin gefunden.  :) Aber diese Gedankenkreisel und das rumwälzen der Theorie, das hatte ich auch. Immer wieder die Frage "Was wäre wenn". Aber wie Mihi schon sagt, all das bringt Dich nicht weiter. Wenn Du wissen willst, wie sich das ganze für Dich anfühlt, mußt Du anfangen Dich auszuprobieren, auszutesten und im wahren Leben Deine Erfahrungen sammeln.

Davon ab gibt es sowieso keinen Musterlebenslauf. Und warum sollte der Therapeut Dir nicht glauben? Du glaubst gar nicht wieviele TS es in Deutschland gibt und der Weg der Transition funktioniert sogar, allein die Tatsache, daß wir hier in diesem Forum schon viele Post-OP-TS haben. Manche sind seit Jahren fertig, andere haben die OP frisch hinter sich gebracht.

Der erste Schritt geht immer über den Therapeuten (wir haben eine umfangreiche Adressliste), denn nur der kann Differentialdiagnostik und Dir auch die offizielle Diagnose geben und sozusagen grünes Licht für die Transition wenn sich herausstellt, daß Du wirklich nur TS bist und keine anderweitigen psychischen Störungen hast, die eine Pseudo-TS auslösen können. Der Therapeut muß desweiteren ergebnisoffen aber rückenstärkend arbeiten. Wenn Du maximal ehrlich zu Dir selbst und dem Therapeuten bist und der Therapeut sein Handwerk beherrscht, dann hast Du nichts zu befürchten. Davon ab zeigt mir der Gedankenkreisel, daß Du schon versuchst, Dich irgendwie zu reflektieren, was schonmal ein großer Pluspunkt ist, denn Transition kann man nicht mal eben übers Knie brechen.

Ich schalte Dich mal für die zu Deiner Vorstellung passenden Unterbereiche frei. Einmal der allgemein verdeckte Bereich der nicht für öffentliche Augen bestimmt ist, da es dort mitunter infotechnisch sehr intim wird bis hin zum Blick zwischen die Beine. (Ergebnisbilder und OP-Fotos) Muß nicht jeder sehen. Dann der Bereich nur für Frauen, egal wie weit auf dem Weg.

Offline Lennard

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Hallo du,

gelesen habe ich deinen Beitrag schon an dem Tag als du ihn geschrieben hast, ich hatte nur noch keine Zeit mal in Ruhe zu antworten...

Ich bin selber noch relativ am Anfang der Reise. Ich befinde mich mitten in der outing Phase und hatte bisher zwei Therapiesitzungen.

Ich würde sagen, du solltest dich auf jeden Fall damit beschäftigen was und wer du bist und das am besten mit einen Therapeuten, der/die sich auf dem Gebiet auskennt und vielleicht solltest du dich wirklich ein wenig ausprobieren, wie ja auch schon geraten wurde in einer anderen Antwort.

Du hast einen Anfang gemacht und hier geschildert wie bzw. was so in dir vorgeht, was bedeutet, dass du dich mit dir beschäftigst und es nicht einfach wegschiebst und ich denke, dass ist auf jeden Fall schon ein guter Anfang....

Grüße

Lenny
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Offline Jeanne Rising

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Hallo ihr 3 ^^

Also zunächst mal vielen Dank für die lieben Rückmeldungen...tat auf jeden Fall schonmal gut, dass ich offenbar nicht direkt eine Reaktion auslöse vom Format "hör auf, dir was einzureden"...

@mihi
Das sind viele Fragen :)
Zugegeben, ich finde sie gar nicht so leicht zu beantworten. Während meiner Szenezeit war ich viel unterwegs in Kleidung, die definitiv eher weiblich war, mit Makeup, das definitiv eher weiblich war...ich war mir damals allerdings vielleicht nicht so ganz sicher, worum es mir dabei im Endeffekt wirklich ging.
Was ich sicher sagen kann ist, dass ich mir ohne Makeup und ohne zurechtgemachte Haare irgendwie nicht wie ich selber vorkomme. Das heißt nicht unbedingt, dass ich nicht manchmal den bequemen Weg bevorzugt habe, weil er es mir ersparte, als "Schwuchtel", "Transe" o.ä. angepöbelt zu werden.
Bei Kleidung finde ich es schwieriger - ich kaufe seit langem eigentlich nur Frauenhosen, Frauenshirts usw...es ist halt alles nix "schickes"...ich glaub, ich komme mir in schicken Klamotten beider Geschlechter irgendwie verkleidet vor ^^...aber dennoch - deine Denkanstöße sind sehr hilfreich...ich werde wohl meine Variante da einfach noch finden müssen :)
Ich habe einen Namen, der seit einer Weile so in meinem Kopf rumspukt...muss wohl einfach mal den kleinen eingeweihten Personenkreis beauftragen, mich ein bisschen so zu nennen...gewöhnungsbedürftig wird es natürlich sowieso....aber sträuben glaube ich nicht.


Vielen Dank für das großflächige Freischalten. Habe schon mal angefangen, rumzustöbern, und finde es schon irgendwie beruhigend, dass ich offenbar weit weniger allein bin, als ich befürchtete ;)
Einen Therapeuten suchen wird wohl auch keinesfalls ausbleiben...was man in zehn Jahren grübeln nicht alleine löst, braucht vielleicht wirklich noch jemanden, der helfend zur Seite steht...

@Lennard
Danke für den zusätzlichen Rückenwind. Habe ihn auf jeden Fall nochmal als zusätzliche Verstärkung brauchen können :)

Jeanne Rising

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Offline mihi

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...ich war mir damals allerdings vielleicht nicht so ganz sicher, worum es mir dabei im Endeffekt wirklich ging.

So hat der Erkenntnisprozeß bei mir auch angefangen. Irgendwann habe ich begriffen, es geht nicht um Bekleidung. Inzwischen lebe ich glücklich als Frau und bin auch operiert, aber ich hätte nie gedacht, daß ich wirklich so transsexuell bin, daß es auf all das hinausläuft.

Ich glaube, Du kannst Dich da gut einsortieren. Wenn Du Dich ausprobierst, wirst Du ganz sicher merken, wohin der Weg für Dich führen wird. Und Du hast Zeit. Laß es reifen. Grünes Obst bringt Bauchschmerzen, und man kann nichts anderes tun als warten, bis die Sonne ihr Werk vollbracht hat. Hier ist es auch so. Wenn Du Dich beobachtest, in Dich hineinhörst, merkst Du irgendwann, jetzt ist die Zeit für dies oder das. "Sie sind ein Mädchen - keine Zahlen - nur Gefühl", hat die Ärztin in der Klinik zu mir gesagt. Das kann ich hier weitergeben. Man kann Transsexualität nicht ausrechnen. Man muß es spüren. Und das Gefühl kommt nicht mit dem Holzhammer. Man muß genau hinfühlen.

Ein guter Therapeut wird Dir normalerweise auch Dinge sagen, die Dir nicht gefallen. Es lohnt sich, über diese Dinge nachzudenken, denn sie führen Dich näher zu Dir hin.

Mihi
« Letzte Änderung: 01.Okt 2014, 07:59 von mihi »

Offline Jeanne Rising

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Hallo mal wieder, ihr Lieben :)

nachdem es doch etwas länger gebraucht hat, mich überhaupt soweit zu bekommen, nun wirklich mal sicherstellen zu müssen, was los ist, war ich gestern dann endlich mal zumindest in der TS-Sprechstunde im LVR-Klinikum Essen. War sehr freundlich und ergebnisoffen, sodass ich recht schnell meine Angst verlor und einfach frei heraus erzählt habe, wie ich mich wirklich fühle, ohne irgendwie allzu sehr einem Muster gerecht werden zu wollen. Ihr diagnostischer Eindruck war dennoch recht eindeutig der, dass bei mir vermutlich eine TS vorliegt und,dass ich zwar sehr ängstlich sei und entsprechend alle Schritte bedacht gehen sollte, jedoch dringend anfangen sollte und mir wirklich einen niedergelassenen Therapeuten suchen. Eine Liste mit Adressen bekam ich dann auch. Natürlich lässt sich nach einem Termin kaum was handfestes sagen...dennoch bin ich froh, zumindest angefangen zu haben und wollte das hier einfach mal mitteilen. Fühle mich jetzt irgendwie etwas...berechtigter in dem, was ich tue...auch, wenn ich bis zum Ende versucht habe, einen Vorwand zu finden, um nicht hinzugehen...aber sie sagte, das sei wohl sehr klassisch. Also weiter im Text ;)
Jeanne Rising

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Offline selfmademan

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Na, das hört sich doch für den Anfang nicht schlecht an. Der erste Schritt ist immer der schwierigste, die nachfolgenden werden, auch wegen zunehmender Routine, immer einfacher. Zumindest was die Outings betrifft. Mit jedem Outing wirst Du selbstsicherer und freier. Zumindest ging es mir so. Ich war immer froh wenn es raus war und ich mich nicht mehr verstecken mußte. Heute oute ich mich logischerweise nicht mehr in dem Ausmaße wie damals, weil es nichts mehr zu outen gibt.

Gehe einfach Deinen Weg und tue das was Dein Herz und Deine Intuition und Dein Gefühl Dir sagt und vor allen Dingen, renne nicht hinter Akzeptanz her. Ich habe es, selbst nach größtem Abschluß meines Weges bis vor wenigen Jahren noch getan und bin damit immer auf die Schnauze geflogen, weil ich mich so abhängig gemacht habe vom Wohlwollen anderer Menschen und ich mich demnach habe leben lassen aber nicht selbst gelebt habe.

Du wirst das schon schaffen, wenn es Dein wirklicher Weg ist und laß Dich von evtl. Rückschlägen nicht entmutigen.



PS: Du weißt sicherlich, daß diese Rubrik hier öffentlich lesbar ist. Wenn es Dir zu intim wird, kannst Du ruhig im verdeckten Bereich weiterschreiben.

Offline selfmademan

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Sehr schönes Avatar.  :) Was ich bisher so sehen kann hast Du wirklich gute Voraussetzungen. Du bist nicht allzubreit, das Gesicht scheint relativ schmal zu sein und generell wirkt es auch nicht aufdringlich. Mich schaut da eine Person an, die erleichtert ist, sich endlich mal zeigen zu dürfen und sich auszuleben.  :)

Offline Jeanne Rising

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:) Dankeschön
Tatsächlich ist das Bild zugegeben schon ein paar Jahre her (ich glaube ca. 5)...ich habe mich wahrscheinlich seitdem äußerlich vermutlich zumindest ein wenig zum negativen verändert...wobei die Statur noch ca. die gleiche ist...aber ein bisschen gealtert ist man wohl...ist wohl auch einer der Gründe, warum ich langsam son bisschen Zugzwang-Gefühle habe. Hab mir in der damaligen Zeit bisher wohl am besten gefallen. Aber hab die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben, doch noch ganz ansehnlich werden zu können :)

Die ersten Telefonate habe ich heute geführt...oder sagen wir...zu führen versucht. War etwas zu spät am Nachmittag ^^. In eurer Liste gibt es für Mülheim eine Frau Mudrich, die mir sagte, dies sei zum einen ihre Privatnummer, zum anderen sei sie auf dem Gebiet nicht mehr tätig. Wollte es nur mal erwähnen ;)
Morgen geht es weiter :)
Jeanne Rising

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Offline Johanna16

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Ich kann mich mit dir zu 70% identifizieren!

Ich habe auch nie solche eindeutigen Sachen gehabt oder einfach mich umzubringen versucht.
(Selbstverstümmelungsgedanken oberhalb der Gürtellinie hatte/ habe ich auch)

Heute wäre ich in der Früh fast zerbrochen! (Mir ist einfach zum heulen gewesen) und am Nachmittag bis jetzt bin ich irgendwie stabil (und finde in mancher Sekunde meine mögliche TS übertrieben, weil ich grad kein Bedürfniss auf Frau sein habe, aber das kommt wieder)

Ich habe auch immer Gedacht, ach was, Crossdresser (nichtmal Make-up da fehlendes Talent und ich schnell wieder Junge sein musste, wenn Eltern Heim kommen)

Aber jetzt bin ich mir irgendwie das ich wirklich Transsexuell sein könnte bzw es bin :D)
Das Outing und der Therapeut wird noch kommen (wenn ich endlich den Mut aufbringe)

Wegen bohrenden Gefühl: Hab ich auch (gegen meinen Namen hab ich nix, an sich) aber wenn ich als richtiger Kerl bezeichnet werde oder stark und kräftig genannt werde, da tut etwas undefinierbar weh, es stört einfach, will am liebsten der Person an die Gurgel, wenn ich eh gereizt bin, eben so ein leichtes bohren....Da habe ich wirklich ein Anzeichen, dass wirklich was mit meiner Geschlechtsidentität nicht stimmt

Ich glaube, ich sollte jetzt wirklich mal zum Psychotherapeuten

So long
Johanna

Offline Jeanne Rising

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Hallo Johanna,

musste ein wenig schmunzeln, als ich deine Anmeldung im Forum gesehen habe - seitdem ich den Vornamen "Johanna" für mich in die engere Wahl gezogen habe, habe ich manchmal das Gefühl, um mich sprießen die Johannas nur so aus dem Boden ^^

Das Thema Outing ist für mich auch noch ein schwieriges...denke oft drüber nach, dass ich vor ca. 8 Jahren ja schon in einer Phase war, in der ich mich mit dem Thema TS schon massiv beschäftigt habe...und wenn damals nicht mehr dabei rumgekommen ist, dann liegt das sicher zu einem nicht unerheblichen Teil an meiner Angst vor eben diesem Outen gegenüber der Außenwelt. Wobei ich objektiv - anhand dessen, was ich von dir bisher gelesen habe - eigentlich den Eindruck habe, dass es viele da von der Ausgangslage her viel schwerer haben könnten, als wir beide...aber das Bedürfnis nach Harmonie kann halt schon mal stark einschränkend sein...

Wie auch immer es weitergeht, der Therapeut scheint in unseren Fällen der nächste logische Anlaufpunkt. Für mich geht es hoffentlich Anfang nächsten Jahres weiter - beim ersten nach Datum auf meiner Liste gibt's ab Januar freie Plätze. Wenn ich noch deine Aussichten hätte, dann würde ich mich wahrscheinlich zumindest beeilen, Klarheit zu gewinnen - zu welchem Ende hin auch immer...bei dir ist das Kind ja noch nicht vollständig in den pubertierenden Brunnen gefallen...

Die in deinem Thread beschriebenen Phasen durchlebe ich momentan auch wieder ganz intensiv...bin gerade in so einer "naja, vielleicht geht es ja auch ohne...vielleicht 'komme ich ja irgendwie klar'-Phase". Aber man muss sich in so Momenten vielleicht klarmachen, dass ein emotional verkrüppeltes Leben hinter einem Schleier unterdrückter Frustration nicht das ist, was man führen möchte...hach ich wünschte, ich wäre früher mutig gewesen...leider bin ich jenseits der inneren Problematik auch so ein bisschen eitles Federvieh und denke all zu oft etwas vom Format "wenn das nix vernünftiges mehr wird...dann hab ich mir durchs warten alles verbaut"...irgendwie dachte ich sowas aber schon immer...dachte "da wird nix ansehnliches draus...nur was peinliches, also lass es". Aber langsam merke ich, dass diese Strategie kein gutes Ende nimmt, dass ich es nicht nur mir schuldig bin, mein Leben zu Leben, sondern auch jedem anderen Menschen, dem ich noch überzeugt und ehrlich raten können will, sein eigenes Leben zu führen. Es nutzt nichts, mir vorzuhalten, dass meine Berufsaussichten schlechter werden oder ich einige Beziehungen verlieren könnte, wenn ich mir am Ende doch eingestehen muss, dass ich keinem Menschen in meiner Therapeutenlaufbahn zu einem besseren Verhältnis zu sich Selbst verhelfen kann, wenn ich schon bei meiner eigenen Person halt mache - oder, dass der Mensch, der meine Beziehungen führt, irgendwie gar nicht ich ist.

Yay, das war ja wieder ein wirrer Abschluss...ich glaube, alles weitere würde so unstrukturiert, dass es nur noch in mein Tagebuch passt...

Danke jedenfalls für das Teilen deiner Gefühle. Wir machen das schon - ganz gleich, wohin genau es uns nun führen wird. Nur keinen Stillstand.
Jeanne Rising

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Offline Johanna16

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So verschieden sind wir wohl wirklich nicht ;D

Ich habe mich gestern meiner Mutter Halb-"geöffnet" und sie hat mitbekommen, dass ich im inneren Zwist bin.

Mir hat sie nun zugesichert, dass ich nur nach meiner E-Card und eventuell Geld Fragen muss und selbstständig mir nen Arzt oder Psychotherapeuten aussuchen kann, wo ich letztendlich hingehe :)

Werde mich dann nach den Ferien um die Angelegenheit kümmern.

Muss auch sagen, dass ich manchmal wirklich diese Naja-vielleicht-übertreibe-ich-oder-einreden-Phase habe, aber es sehr auf meine zugegebenermaßen großen Unsicherheit und Angst zurück zu führen ist.

Ich habe auch nie in ein Klischee gepasst und doch hab ich mich immer beim Blick in den Spiegel (wenn ich nicht mal kurz sondern lang geguckt habe) gefragt, wer das im Spiegel ist und immer dachte ich mir, das bin doch ich und zufrieden war ich nie darüber)

Und in dem Sommer kam es halt Knüppeldick, da könnte ich nichtmal den Urlaub genießen und habe manchmal sogar nen Busen gefühlt, der dann nicht da war.
Mir Macht es ebenso wie die zu schaffen und es nagt an mir richtig.

Und inzwischen, bin ich mir eigentlich sicher und die Selbstverleugnung ist nurmehr sehr schwach.

Ich werde jetzt jedenfalls zum Psy-doc gehen (TS-Erfahren)

LG

Johanna

PS.: Ich finde dich auf deinen Foto wunderschön und würde auch gerne so aussehen wie du!!!

Offline Jeanne Rising

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Ach ja, die Klischees...ich glaube, die halten einer Prüfung immer nur solange stand, bis man sich tiefer in eine Materie hineinbegibt...zumindest in der Regel...

Ansonsten sind wir wohl jedenfalls momentan an einer recht ähnlichen Stelle auf dem Weg - wenn auch in zumindest etwas verschiedenen Altersbereichen.

Zum P.S....danke für die Blumen :) Fairerweise muss man sagen - das ist vermutlich nicht umsonst mein Lieblingsfoto aus der Zeit...und leider halt wie gesagt auch schon rund 5 Jahre her...aber ich deute es dennoch mal als Zeichen der Hoffnung ^^

Dann mal am Ball bleiben. Ich schreibe natürlich hier nieder, wenn es neues gibt ;)
Jeanne Rising

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