Transsexualität-NIBD

Autor Thema: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung  (Gelesen 1900 mal)

Sarie

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Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« am: 27.Okt 2012, 17:57 »
Hallo,
mein Sohn ist 5 Jahre alt und spiel ausschließlich mit Mädchenspielzeug,hat nur weibliche Freunde, behängt sich mit einem Schleier um lange Haare zu haben, äußert er möchte ein Mädchen sein und äußerte schon mal, das er sich den Penis abschneiden möchte. Wir sind darauf hin zum Kiarzt der uns zu einer sehr nette Therapeutin geschickt hat. Diese Teilte uns nun am Donnerstag die mit, das F. eine Geschlächtsidentitätsstörung des Kindesalter hat und das sie uns aber nicht weiterhelfen kann und wir uns bitte in der LVR Klinik in Bonn melden sollen. Da haben wir am 14.11. einen Termin.
Seit Donnerstag kommen bei mir immer mehr fragen auf.
Vielleicht könnt ihr mir hier ein paar davon beantworten?
-Wie sieht so eine Therapie aus?
-Ist die Diagnose gleich zu setzen mit Transsexuell?
- Leidet mein Kind sehr?
-Wie verhalten wir uns richtig?
-Kann es sein das mein Kind irgenwann doch seinen Körper so annehmen kann wie er ist?
Ich bin ziemlich durch den Wind und muss das alles erstmal verarbeiten.
LG

Offline ChiliLily

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  • Schon mal ne Comicfigur auf der Straße gesehn?!
Re: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« Antwort #1 am: 27.Okt 2012, 19:38 »
Hallo Sarie,

schön dass du hergefunden hast, denn hier bist du und dein Kind erstmal gut aufgehoben.
Ich find das schön, dass du dir Hilfe gesucht hast und dich mit dem Thema auseinandersetzt, damit stehst du hinter deinem Kind.
Ich bin keine Ärztin sondern selbst betroffen, aber vielleicht hilft dir das ja dein Kind besser zu verstehen.
So wie du die Diagnose beschreibst, klingt das für mich wie wenn dass eine Art Störung sein soll, die nach dem Kindesalter wieder weggeht. Ich würde mich an deiner Stelle nicht all zu sehr auf diese Aussage stützen.

Wie du das Verhalten deines Kindes beschreibst, kommt das der Transsexualität sehr sehr nahe. Wirklich sicher kann aber nur dein Kind selber sein. Natürlich sagt man, Kinder können noch nicht für sich enscheiden und rein rechtlich stimmt das auch. Bei TS ist es jedoch die Regel dass Kinder sehrwohl sagen können was Sache ist und das trifft in der Regel auch zu.

Auf jedenfall solltet ihr aber einen Spezialisten der sich explizit mit Transsexualität bei Kindern/Jugendlichen auskennt. Wo genau da die Anlaufstellen sind, kann ich dir leider nicht sagen. Hier im Forum solltest du aber schnell fündig werden.

Den Leidensdruck kann man als Außenstehender schlecht einschätzen. Es kommt ganz darauf an, wieviel Freiraum dein Kind hat wenn es ums ausleben seiner Identität geht. Am schlimmsten ist es wahrscheinlich wenn es ans Spielen mit anderen Kindern geht, die dann die Geschlechtsidentität hinterfragen, z.B. einen Jungen keine Frauenrollen spielen lassen. Kritisch ist auch der Toilettengang oder Schwimmbäder.

Richtig verhalten gibt es meiner Meinung nach nicht wirklich. Wichtig finde ich aber, dass dein Kind immer selbst entscheiden sollte wenn es um Sachen wie Haare, Kleidung oder den Namen geht.
Man sollte das Gefühl vermitteln, dass egal wie sich dein Kind entscheidet, es immer mit der vollen Liebe und Zuneigung seiner Eltern rechnen kann.
Wenn du dein Kind Fragen zu dem Thema stellst, dann lass es die Antworten selbst formulierungen.

Wenn dein Kind tatsächlich transsexuell ist, dann kann es vielleicht einen Weg finden, seine wahre Geschlechtsidentität zu unterdrücken, das funktioniert aber allenfalls so gut wie unterwasser Luft anhalten. Früher oder später wird der Druck zu groß und dann sind die Probleme meist auch größer.

Mein Rat an dich. Nicht ermutigen, sondern Chancen geben. Nicht bremsen, aber Airbag sein falls es mal kracht. Geschlechtsneutrale Behandlung von der Elternseite wäre vielleicht ein Anfang.
Auf jedenfall einen Spezialisten hinzuziehen.
Sehr empfehlen kann ich auch das Buch: "Wenn Kinder ander fühlen" von Brill - Pepper ISBN: 978-3-497-02216-8 / Reinhardtverlag.

Ich wünsch dir und deiner Familie alles Gute.

Viele liebe Grüße

Steffi

Freedom is just another word for nothing left to lose.
-Janis Joplin-
Wir sind die Ninjas der Neuzeit,
nur dass wir keine Schatten brauchen um stealth zu sein.

If god hates gay people, then why are we so cute?! ^o^

Sarie

  • Gast
Re: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« Antwort #2 am: 27.Okt 2012, 21:07 »
Hallo,
vielen lieben Dank für eure Antworten. Damit habt ihr mir echt schon ein wenig den Druck von den Schultern genommen.
Eigentlich hatten wir immer schon das Gefühl das F. "anders" ist. Aber was ist anders? Eigentlich sind wir ja alle gleich,Menschen!!!
Trotzdem hat es mir, nach Diagnosenstellung, den Boden unter den Füßen weggezogen. Auf einmal ist alles so klar. Auf einmal alles so schlüssig warum sich unser Sohn so verhält wie er sich eben verhält. Bis vor ein paar Tagen hat man sich gedanken gemacht warum F. nicht in seinem Zimmer spielen will(klar, es ist vollen Jungsspielsachen), warum er weint wenn seine Schwester ihn nicht an die Barbies lässt.Warum er Probleme im umgang mit anderen Kindern hat.
Ich bin froh das ich nach langer Suche im Internet dieses Forum gefunden zu haben. Denn wirklich viel findet man eigentlich nicht. und das was man findet bezieht sich oft auf Jugendliche oder Erwachsene.
Ich denke auch das ihr mich so schnell nicht mehr los werdet.
Leider kann ich mich nicht Registrieren. Bekomme immer eine Fehlermeldung das ich ein Spam bin >:(.Vielleicht könnt ihr mir noch einen Tip geben wie ich mich Registrieren kann?
Eins möchte ich noch loswerden. Ihr macht das hier echt toll, weiter so :daumenhoch:
LG

Offline Gollum

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Re: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« Antwort #3 am: 27.Okt 2012, 22:17 »
Eigentlich hatten wir immer schon das Gefühl das F. "anders" ist. Aber was ist anders? Eigentlich sind wir ja alle gleich,Menschen!!!
Daran sind gleich zwei Sachen elementar wichtig. Einmal, dass Eltern es meist doch irgendwo tief drin schon gemerkt haben, auch wenn sie es nicht wussten. Und mit dem "anders" sein, das ist eben leider gar nicht so falsch. Vor allem, wenn man selber betroffen ist, fühlt man sich oft genug "anders", falsch geboren, zweite Wahl, verdreht, wie ein genetischer Fehlgriff, wie das Monster aus dem Kellergeschoss...
Hier ist es auch wichtig, gerade auch bei Kindern, ihnen dieses Gefühl zu nehmen. Wie schon gesagt wurde, gebt dem Kind immer das Gefühl, voll geliebt zu werden. Da ein anderes Kind im Spiel ist, muss aber darauf geachtet werden, dass die Extra-Aufmerksamkeit für das trans-Kind nicht wie mangelnde Zuneigung auf das andere Kind wirkt. Aber Kinder sind unkompliziert, wenn man mit denen darüber offen redet, können die das verstehen, warum das andere Schwesterle immer eine ganz dicke Extraportion Knuddel brauchen wird.

Tipp, allerdings mit ausdrücklicher Inhaltswarnung.... lege genug Taschentücher bereit, denn die Videos haben es in sich, gefühlsmäßig...
Hauptmenü ganz oben "Im Leben" - Transsexualität in der Kindheit - "My Secret Self"
Ich habe beim ersten Sehen geheult wie doof, so sehr habe ich "Klein Gollum von damals" wiedererkannt, und auch dir als Mutter wird der böse Albtraum da sicher bekannt vorkommen. Ist zwar auf Englisch, aber um Tränen von Kindern zu verstehen, braucht es nicht viel Vokabular...  :(




Ich denke auch das ihr mich so schnell nicht mehr los werdet.
Och, wir können hier ruhig noch mehr aktive Mitglieder brauchen... ;)
Was auch eine Idee ist, je nachdem, wo ihr wohnt: Eine Selbsthilfegruppe.

Leider kann ich mich nicht Registrieren. Bekomme immer eine Fehlermeldung das ich ein Spam bin >:(.Vielleicht könnt ihr mir noch einen Tip geben wie ich mich Registrieren kann?
Das Problem hatten in letzter Zeit mehrere... Sehe mal nach unter :
Erste Hilfe -> Email nicht akzeptiert

Eins möchte ich noch loswerden. Ihr macht das hier echt toll, weiter so :daumenhoch:
:) !!

Offline Ich

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Re: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« Antwort #4 am: 28.Okt 2012, 10:12 »
Danke, es hat geklappt;-)

Offline Johanna

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Re: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« Antwort #5 am: 29.Okt 2012, 11:04 »
Hallo Sarie,

zu zwei Fragen:
-Ist die Diagnose gleich zu setzen mit Transsexuell?
Nein. Da widerspreche ich den Vorrednern. Der Begriff "Geschlechtsidentitätsstörung" ist deutlich weiter gefasst. So tritt z. B., um nur rein zufällig ein Beispiel zu nennen, bei später homosexuell empfindenden Menschen vereinzelt in der Kindheit eine Zeit lang der starke Wunsch auf, dem anderem Geschlecht zuzugehören, welcher aber später wieder verschwindet. Dann liegt eine Zeit lang eine Geschlechtsidentitätsstörung vor, aber nicht Transsexualität. Transsexualität selbst ist natürlich auch eine Geschlechtsidentitätsstörung. (Mich stört der Begriff übrigens nicht, Ich habe ihn eine Zeit lang als sehr passend empfunden.)

Eure Therapeutin hat wohl erst einmal Geschlechtsidentitätsstörung gesagt, um sich nicht festlegen zu müssen in einer Sache, wo ihr das letztlich nötige Wissen fehlt.

Transsexualität solltet ihr aber immer als Möglichkeit im Hinterkopf behalten, denn darauf müsst ihr reagieren, um eurem Kind später ein unglückliches Leben zu ersparen. Vorerst nur im täglichen Leben (eventuell Therapie oder als Mädchen an der Schule anmelden, sofern euer Kind will). Ab dem 12 Lebensjahr muss eventuell die Pubertät aufgehalten werden, vorher sind aber auch bei Transsexualität keine medizinischen Maßnahmen nötig.

Zitat
- Leidet mein Kind sehr?
Da müsst ihr euer Kind beobachten. Es ist allerdings nicht immer klar zu entscheiden, ob es daran leidet, denn Kinder können dies oft nicht direkt sagen.

Ihr solltet unnötiges Leid vermeiden und das Kind nicht in einer Geschlechterrolle pressen.

Zitat
-Kann es sein das mein Kind irgenwann doch seinen Körper so annehmen kann wie er ist?
Wenn es keine Transsexualität ist, dann ja.

Wenn es Transsexualität ist, kann die Annahme des männlichen Körpers i. d. R. nur zeitweise und oberflächlich erfolgen.

Viele Grüße

Offline Kati

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Re: Diagnose: Geschlechtsidentitätsstörung
« Antwort #6 am: 30.Okt 2012, 16:49 »
Hallo und Herzlich Willkommen. Ich bin Mutter eines 6 jährigen Transmädchens.
Zu wem sollt ihr nach Bonn in die Klinik?
Mir sind woweit alle bekannt die ergebnisoffen mit minderjährigen Transkindern (Trans*ist ein weitreichender Begriff und umfasst für mich alle Menschen, die sich in ihrem Geburtsgeschlecht nicht richtig fühlen, da brauchen wir -insbesondere bei Kindern- gar nicht die Begriffe GIS oder TS benutzen). Eine Klinik in Bonn gehört nicht dazu.
In Bonn ist Herr Breuer zu empfehlen, Kostenerstattungsverfahren bei gesetzlichen KK sind bei ihm Alltagsgeschäft und funktionieren -mit Ausnahme einiger weniger KK-gut.
GIS mit späterer Homosexualität gleich zu setzen (das tun ja Beier und Co), davon halte ich nichts. Die veralteten Studien, welche dies angeblich belegen, sind längst wiederlegt.
Psychologen und Psychiater, die regelmäßig mit GIS Kindern arbeiten, erkennen diesen Unterschied schnell.
Gerät man an die falschen/unwissenden "Behandler", kann man schnell -auf teilweise schlimme- Umwege geleitet werden.
Bei späterer Homosexualität ist in der Kindheit teilweise Rollenverhalten des üblicherweise anderen Geschlechts beobachtet worden.
TS unterscheidet sich ja oftmals auch dadurch, dasss der eigene Körper abgelehnt wird.
Eine Therapie bei GIS ist eine begleitende Therapie. Es wird nichts therapiert, sondern begleitet und beobachtet. In einer ausführlichen Diagnostik kann geschaut werden, ob es krankhafte Ursachen gibt, das nennt man Ausschlussverfahren. Das sollte jeder Psycho kennen, wollen tut es aber nicht jeder. Schuldzuweisung ist einfacher. Das hängt eben von der Einstellung desjenigen ab.
Grüße Kati