Falls mal der Fall eintreten sollte, daß der junge TS es absolut nicht mehr bei den Eltern aushält und das Zusammenleben nach dem Coming-Out für unzumutbar hält, gibt es folgende Möglichkeiten:
„Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§ 1 Abs.1 SGB VIII)
Inobhutnahme zur Krisenintervention bei Kindern und Jugendlichen (
http://www.sgbviii.de/S124.html)
§ 42 SGB VIII[Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen]
(1) Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen ist die vorläufige Unterbringung des Kindes oder des Jugendlichen bei
1. einer geeigneten Person oder
2. in einer Einrichtung oder
3. in einer sonstigen betreuten Wohnform.
Während der Inobhutnahme sind der notwendige Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen und die Krankenhilfe sicherzustellen. Mit der Inobhutnahme ist dem Kind oder dem Jugendlichen unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Während der Inobhutnahme übt das Jugendamt das Recht der Beaufsichtigung, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung aus; der mutmaßliche Wille des Personensorgeberechtigten oder des Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Es hat für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen, das Kind oder den Jugendlichen in seiner gegenwärtigen Lage zu beraten und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen.
(2) Das Jugendamt ist verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet. Das Jugendamt hat den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten. Widerspricht der Personensorge- oder Erziehungsberechtigte der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
1. das Kind oder den Jugendlichen dem Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben oder
2. eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Ist der Personensorge- oder Erziehungsberechtigte nicht erreichbar, so gilt Satz 3 Nr.2 entsprechend.
(3) Das Jugendamt ist verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert. Freiheitsentziehende Maßnahmen sind dabei nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Voraussetzungen der Inobhutnahme
Nach § 42 Abs. 2 SGB VIII ist das Jugendamt zur Inobhutnahme verpflichtet, wenn der Minderjährige darum bittet. An diesen Wunsch sind keine formellen und inhaltlichen Anforderungen zu richten. Für die Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme reicht ein subjektives Schutzbedürfnis des Minderjährigen aus, d.h. dass das Kind oder der Jugendliche für sich eine akute Notlage sieht. Die Verpflichtung des Jugendamts, "Selbstmeldern" Obhut zu gewähren, besteht ohne jede Einschränkung, ohne jede Vorprüfung der Situation und gleichgültig mit welcher Begründung der Jugendliche um Obhut bittet und ob seine Begründung überzeugend ist. Dies gilt selbst dann, wenn objektive Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung auf den ersten Blick nicht vorzuliegen scheinen und sich der Minderjährige aus der Sicht Erwachsener nur der ("gutgemeinten") elterlichen Erziehung oder Strafe (Hausarrest) entziehen will.[/i] Zwar muss, insbesondere wenn die Eltern der Inobhutnahme widersprechen, im Anschluss an die Aufnahme und ggf. die erste Nacht geprüft werden, ob ein weiterer Verbleib in der Jugendschutzstelle gerechtfertigt ist, das ändert aber nichts an der zwingenden Verpflichtung, den Minderjährigen erst einmal aufzunehmen und Schutz zu gewähren (FK § 42 Rz 10ff).
§ 1666 BGBGerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Das Gericht kann Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge ersetzen.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Die Verpflichtung zu Inobhutnahme besteht, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Minderjährigen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Minderjährigen, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten Dritter gefährdet wird und wenn die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, diese Gefahr von dem Minderjährigen abzuwenden (§ 1666 Abs. 1 S. 1 BGB)[/b].
Was bedeutet die Inobhutnahme/ Herausnahme gemäß §§ 42, 43 SGB VIII - und was nicht? (
http://www.sgbviii.de/S126.html)
§ 43 SGB VIII[Herausnahme des Kindes oder des Jugendlichen ohne Zustimmung des Personensorgeberechtigten]
(1) Hält sich ein Kind oder ein Jugendlicher mit Zustimmung des Personensorgeberechtigten bei einer anderen Person oder in einer Einrichtung auf und werden Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, daß die Voraussetzungen des § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen, so ist das Jugendamt bei Gefahr im Verzug befugt, das Kind oder den Jugendlichen von dort zu entfernen und bei einer geeigneten Person, in einer Einrichtung oder in einer sonstigen betreuten Wohnform vorläufig unterzubringen. Das Jugendamt hat den Personensorgeberechtigten unverzüglich von den getroffenen Maßnahmen zu unterrichten. Stimmt der Personensorgeberechtigte nicht zu, so hat das Jugendamt unverzüglich eine Entscheidung des Familiengerichts herbeizuführen.
(2) § 42 Abs.1 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.
http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbviii/42.htmlWeitere Regelungen zum geschützten Personenkreis finden sich hier ab Seite 4:
http://www.igfh.de/aki/sr-inobhutnahme.pdfWichtig ist hier:
Das Jugendamt muß aus seiner Beratungspflicht heraus bis zum vollendeten 27. Lebensjahr bei der Vermittlung in eine geeignete Einrichtung (z. B. Frauenhaus) behilflich sein, wenn sich ein Volljähriger in einer Krisensituation befindet.
Viel Glück mit euren Jugendamt.