Transsexualität-NIBD

Autor Thema: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!  (Gelesen 2221 mal)

Karla

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Hallo miteinander...ich weiß nicht weiter und daher suche ich nun verzweifelt nach dem rettenden Strohhalm. Ich schreibe jetzt einfach drauf los was Sache ist und hoffe, dass mir Jemand helfen kann.

Meine kleine Schwester (******) hatte schon immer Probleme mit ihrem Umfeld zu interagieren. Das ging eigentlich schon in der Grundschule los, wo sie schwer Anschluss fand. Dennoch hatte sie immer ihren kleinen Freundeskreis. Mit zunehmenden Alter wurde für sie das Thema Anime, Manga immer wichtiger, darüber hinaus Computerspiele an der Playstation. Sie war schon immer eher ein Stubenhocker, aber mit ca. 14 Jahren wurde das immer extremer. Zu dieser Zeit nahm sie auch ein Schönheitsideal an, dass recht mangageprägt war: Androgynität, vermischte Geschlechter...da fing sie auch mit dem Cosplayen an und spielte u.a. männliche Charaktere, so dass sie sich den Busen abband. Parallel dazu entwickelte sie jedoch auch eine Anorexie, welche zeitweise wirklich bedrohlich war. Darüber hinaus ist sie absolut unempathisch, neigt zu Ausrastern besonders meinen Eltern gegenüber. Sie be- und verurteilt andere Menschen sehr hart, niemand ist gut genug für sie, alles nur "Idioten" und Schlimmeres.  Da liegt so viel Hass drin...dass ich es kaum glauben kann.
Teilweise kam und kommt es zu selbstverletztendem Verhalten, dies meist in einer Situation, in der sie sich bei meinen Eltern durchsetzen will - so wirkt es jedenfalls sehr oft.
Die Anorexie ist mittlerweile etwas besser geworden, auch wenn sie immer noch furchtbar dünn ist. Die Ausraster sind nach wie vor da, besonders in Prüfungssituationen.

Mit ca. 16 Jahren war sie mit einem netten Jungen zusammen, das hielt dann auch etwa ein Jahr. Sie machte Schluss, weil der junge Mann sie nach einem Jahr zu intimen Zärtlichkeiten drängte, sie fühlte sich jedoch nur bereits fürs Küssen, nicht mehr.
Kurz darauf kam sie mit einem anderen Mädchen zusammen. Ich muss betonen, dass es für meine Eltern nie ein Thema war...denen ist wichtig, dass ***** glücklich ist. Das Mädchen kommt aus einer schwierigen Familie, hat selbst eine ordentliche Essstörung, Depressionen, Schule abgebrochen etc. Meine Eltern nahmen sie auf, sie wohnte regelrecht bei uns. Diese Beziehung hält bis heute fort, wenn auch mit Unterbrechungen und heute eher inoffiziell...eine Art romantische Freundschaft, wobei meine Schwester wohl auch hier keine Intimitäten zulässt. Diese Freundschaft führte jedoch dazu, dass die beiden Mädels sich ins gemeinsame Hungern hineinsteigerten. Dazu kam noch, dass die Freundin einen besten Freund hatte, der wohl mal ein Mädchen war, Prä-OP, aber Post-Hormonbehandlung. Ich denke, dass da eine Art Faszination für das Thema aufkeimte.

Meine Schwester machte ein sehr gutes Abitur (1,1) und studiert nun Mandarin Übersetzen. Auch hier erzielt sie beste Ergebnisse, glatte Einsen, dennoch rastet sie im Prüfungsstress regelmäßig aus.
Sie ist sehr mutterfixiert, sehr unselbstständig, sogar einfache Telefonanrufe machen ihr zu schaffen. Ich musste mit ihr ihre Bewerbungen fürs Studium schreiben, sie fühlte sich davon überfordert. Im Rahmen des Studienbeginns zog sie dann auch in eine wunderschöne Wohnung im Studienort. Dort hielt sie es nur eine Woche aus, war dann öfter bei meinen Eltern (die wohnen nicht weit von der Uni), bis sie dann nach einem Monat, sagte, dass sie allein wohnen nicht erträgt. Also mussten die Eltern die Wohnung unter nicht geringen finanziellen Einbußen wieder auflösen. Dazu muss man sagen, dass meine Eltern ihr empfohlen haben vor Studienbeginn Pause zu machen und eine stationäre Therapie durchzuziehen. ****** weigerte sich!

Zum Thema Therapie:
Meine Schwester war bei mittlerweile 3 Therapeuten. Keiner hat Zugang gefunden, zumindest nicht langfristig. Diagnostiziert wurde eine Borderline Störung, Anorexie, Depressionen, da waren sich alle drei Therapeuten einig. Die Empfehlung war sie erst stabil zu bekommen (also Essstörung therapieren, Antidepressiva nehmen) und dann an den Kern zu gehen. ****** weigert sich jedoch Antidepressiva zu nehmen, da sie Angst hat dick zu werden (wenn sie die Pillen mal ne Weile nimmt, dann bessert sich der Zustand und ihr Umgang mit anderen erheblich!) und isst immer noch nicht normal, wenn auch nun immerhin ein bisschen.
Seit ca zwei Jahren hat sie sich nun in den Kopf gesetzt, dass alles besser wäre, wenn sie ein Mann wäre. Sie gibt sich auf Facebook als Mann aus, lässt sich "*****" nennen und tritt überall als Trans auf. Im Zuge dessen hat sie sich im Internet eine "Therapeutin" gesucht, die wohl bekannt dafür ist ganz easy Rezepte für Hormone und Empfehlungen auszustellen (da war sie so 19). Nach nur einem 45 Minütigen Termin bekam sie tatsächlich ein Rezept für Hormone!!!! Einfach so. Das endete in einem großen Eklat im Zuge dessen mein Vater das Rezept vernichtete(worüber ich mich ärgere, da ich bei der Ärztekammer Beschwerde gegen die Dame einlegen wollte).
Meine Eltern sind durch das Unglück meiner Schwester so traumatisiert, dass beide dauernd weinen. Ich wohne in einer andere Stadt, bin zu weit weg um täglich abfangen zu können. Aber ich merke, wie sie beide zerbrechen.
Sie würden es auch akzeptieren, wenn ****** wirklich als Mann glücklich werden würde, wir bezweifeln das leider jedoch sehr. Zumal man ja nicht einfach mit den Fingern schnippt und ein Kerl ist und auch nicht wieder zurückschnippen kann.
Sie ist nun 20, sehr intelligent und kann auch liebenswert sein, was sie erstaunlicherweise auch ist, wenn sie bei mir und meinem Mann zu Besuch ist. Dann versteht sie sich mit allen unseren Freunden, macht jeden Spaß mit, lacht...sobald jedoch meine Eltern kommen um sie zb abzuholen etc dann ist es als würde ein Schalter schnappen und sie wird giftig wie eine Natter. Von jetzt auf gleich. Daher war ich anfangs sehr froh, dass sie ausziehen wollte, weil ich schon den Eindruck hatte, dass meine Eltern und sie in einem Kreislauf stecken, wo sie sich dauernd gegenseitig triggern. Und das obwohl grade meine Mama und ******* sich unglaublich lieb haben.
Mein Vater hat über die ganzen Probleme mittlerweile eine Art Alkoholsucht entwickelt. Er wird nicht aggressiv oder ähnliches, nur furchtbar traurig und weint sich dann betrunken die Augen aus. Er "funktioniert" schon noch auch im Beruf, aber seine Gesundheit leidet zunehmend und das obwohl er immer sehr fit und gesund war. Er selbst hat auch nur noch auf wenig Lust, ich denke, dass auch er mittlerweile mitten in einer Depression steckt.

Mittlerweile ist es so, dass meine Eltern mich bitten ihnen ****** "abzunehmen". So hat sie letztes Jahr einige Wochen bei uns verbracht, als meine Eltern im Urlaub waren, weil a. sie einfach mal allein in Urlaub wollten um Kraft zu tanken und b. ******* es nicht ertragen würde alleine zu bleiben die drei Wochen. Die drei Wochen waren super, kein einziger Streit, ******** konnte die Zeit für sich nutzen, hat viel Sport getrieben, ich hatte den Eindruck, das tat ihr gut. Wir haben sie überall hin mitgenommen, Konzerte, Radtouren, Freunde...alles prima!
Meine Eltern brauchen Pause von ihrer eigenen Tochter. ****** terrorisiert sie regelrecht. Hat sie Sorgen, wirds an den Eltern ausgelassen. Hat sie schlechte Laune, wird es an den Eltern ausgelassen. Hat sie Angst vor einer Prüfung wird Stress gemacht, bis es zur Eskalation kommt. Da wird berüllt, beleidigt und in letzter Konsequenz (wenn meine Mama nämlich noch nicht heult) auch selbstverletzt. Dieser Wunsch b esteht auch dieses Jahr, wir wurden gebeten  meine Schwester in unseren Urlaub mitzunehmen...dass das für ein junges Pärchen nicht ideal ist ist klar, wir würden das dennoch mitmachen...aber das ist doch dauerhaft nichts...sie muss sich ein eigenes Leben aufbauen.

Alle Freundinnen von ****** scheinen psychische Probleme zu haben. Das ist eben erwähnte Freundin, die mehrfach eingewiesen wurde, da ist eine andere Freundin, die wegen Borderline grade eine ambulante lang ausgelegte Therapie macht, auch ihr Freund war depressiv...und ihre neuen Bekannten an der Uni scheinen mir aus der Ferne auch ziemlich problembeladen zu sein. Die scheinen sich gegenseitig anzuziehen. Das macht die Sache nciht einfacher, Normalität ist bei ******* einfach Ausnahme!

Ich selber schwanke auch immer zwischen "ich muss mich abgrenzen" und "ich will helfen". Ich bin ziemlich verzweifelt und weiß nicht mehr was ich raten oder nicht raten soll. Oft lande ich dann auch im Schussfeld, weil ich zB die Idee unterstützt habe das ******* auszieht...jetzt bin ich indirekt Schuld an dem Schlamassel gewesen. Ganz abgesehen davon, dass ich mich auch zurückgesetzt fühle, auch wenn ich es eigentlich nicht will. Als wir unsere Hochzeit geplant haben rief meine Mama jedenfalls nicht an um zu fragen wie es läuft oder ob sie helfen kann, sondern nur um über ****** zu klagen und sich auszuweinen. Ich brauche keine große Unterstützung meiner Eltern, komme sehr gut so zurecht, aber grade in der stressigen Zeit vor der Hochzeit hätte ich mir gern gewünscht, dass es mal um mich geht...aber es ging nur darum, dass ******* im Anzug kommen wollte, dass ****** sich zeitweise weigerte überhaupt zu kommen, dass *****...*****...*****. Das frustet auf Dauer schon. Ich sage mir aber, dass es halt ist wie bei der Geschichte mit dem verlorenen Sohn aus der Bibel...Eltern kümmern sich halt mehr um die Sorgenkindern und verlassen sich darauf, dass ich schon so zurecht komme - was ja auch stimmt!

Vielleicht kurz zu mir: Ich bin Ende 20,  verheiratet, habe einen Magister in Kulturwissenschaften und einen Master in BWL abgeschlossen und arbeite nun im Management - 60-Stunden-Woche keine Seltenheit. Dabei kommt die Zeit für Familie oft zu kurz, ich  möchte mich manchmal zerreissen, um gleichzeitig im Job zu funktionieren und meine Familei zu unterstützten.

Meine Familie ist aus Russland imigriert, meine Eltern sehr fleissige Leute, sowohl meine Schwester als auch ich recht ehrgeizig, wobei bei meiner Schwester das nur durch Stress, Druck und Selbstgeisselung funktioniert. Die Familie mütterlicherseits hat eine Geschichte der Depressionen. Meine Oma leidet darunter, meine Mutter eigentlich auch, nur unterdrückt sie alle derartigen Gefühle um für ***** da zu sein. Sprüche wie: "Ich lebe nur noch für *****." sind an der Tagesordnung.

Meine Schwester steigert sich immer mehr in die Idee hinein, dass ein Penis alle ihre Probleme lösen würde. Und das obwohl sie keinerlei sexuelle Erfahrungen gemacht hat und so viel anderes im Argen liegt. Sie will aber auch nicht den Weg gehen sich langfristig auf eine Therapie einzulassen, welche dann ihren Wunsch bestätigen oder auch widerlegen würde. Immer in dem Augenblick wo ein Therapeut etwas gesagt hat, was ihr nicht passt, hat sie sich geweigert die Gespräche fortzusetzen. Ich nehme an, sie will sich konkret nicht einlassen, weil sie Angst hat, dass man ihr nicht Recht gibt.
****** Launen sind unglaublich. Bei ihr gibt es nur Extreme: Total glücklich, himmelhochjauchzend, oder todunglücklich, alles ist scheiße...jeder ist scheiße.

Ich weiß jetzt gar nicht, was ich erwarte...
Ich habe solche Angst meine Eltern und meine Schwester zu verlieren. Meinen Eltern würde ich mittlerweile sogar einen Suizid zutrauen...sie klammern sich an den Gedanken, dass es irgendwann besser wird...nur wann?
***** droht oft und gerne mit Selbstmord...aber mein Gefühl sagt mir, dass sie es als Druckmittel benutzt und nicht ernst meint. Ein Zweifel bleibt natürlich...was ist, wenn sie es doch tut! Diese Angst ist es auch, die dazu führt, dass meine Eltern alles mit sich machen lassen. Sie wehren sich gar nicht mehr, wenn ihre eigene Tochter sie als "Arschlöcher", "Wichser" und "Schlampen" bezeichnet. Mir gegenüber ist besonders mein Vater umso strenger. Er kritisiert mich und meine Lebensführung dauernd (obwohl ich objektiv betrachtet nun wirklich nichts sonderlich Kritisierenswertes vorlege), beurteilt meine Freunde und Bekannten, hat selten ein gutes Wort für mich, auch wenn ich immer eher ein Papakind war (war und bin auch eher burschikos) und mir seine Anerkennung mal sehr wichtig war. Mittlerweile nehme ich das Kritisieren nicht mehr so ernst...er scheint damit zu kompensieren.

Ich könnte ewig so weiterschreiben...aber vielleicht reicht das um einen kleinen Einblick zu geben. Ich weiß nicht weiter... :(

Was tun?

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Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #1 am: 25.Feb 2014, 18:33 »
Hallo Karla,

puh, da mußte aber mal ganz groß was raus. Zuallererst habe ich aber mal die Klarnamen entfernt. Dies machen wir immer so, hat reine Schutzgründe. Sollte sich bei Deiner "Schwester" mit Hilfe eines vernünftigen (!!!) Therapeuten eine TS bestätigen und der Weg gegangen werden, wird Deine "Schwester" froh sein, wenn ihr alter Vorname nirgendwo seinen Niederschlag im Netz gefunden hat und das Netz ist geduldig, wie ich mal wieder vor kurzem feststellen mußte. Außerdem unterbinden wir hier jedes ungewollte Outing. Anonymität ist uns sehr wichtig. Es sei denn der / die Betroffene stellt sich selbst mit Klarnamen vor der seinem inneren Empfinden entspricht. Dies erstmal als technische Info vorweg.

Aber jetzt zum eigentlichen Thema. Ich habe mich an sehr vielen Stellen Deines Textes wiedergefunden. Auch ich hatte eine Phase, in der ich nur Streit mit den Eltern hatte, auch wenn es nicht die "Qualität" erreicht hat, die Du hier beschreibst. Ich habe z. B. nie mit Selbstmord gedroht oder mich geritzt. Wie dem auch sei, ich wußte lange nicht was mit mir los war. Ich habe mich selbst nicht verstanden, dachte ich sei einfach nur krank und verrückt. Ich wollte so akzeptiert und angenommen werden wie ich innerlich war, aber da ich ja selber nicht wußte was los war und ich mich auch nicht getraut habe meine männlichen Gefühle zu umschreiben (die Angst vor Abstoßung war zu groß), konnte ich es auch gar nicht kommunizieren. Kurz und gut, ich habe mich einfach massiv hilflos gefühlt und weil ich keine Lösung wußte hat mich dies sehr frustriert und da die Hilflosigkeit und Angst sich einfach nur Sch*** angefühlt hat, habe ich dieses beschissene Gefühl mit Wut und Ärger übertönt. Wut und Ärger konnten mich von dem Gefühl der Hilflosigkeit ein bißchen ablenken. Und ich habe auch alles erdenkliche versucht, um Lob und Anerkennung, Aufmerksamkeit zu bekommen, zur Not mit Gewalt. Ich habe einfach damals meine Eltern für alles verantwortlich gemacht. In meiner damaligen Denke waren sie der Grund für mein damals besch******* Leben. Heute schäme ich mich dafür.

Deine Schwester braucht ganz dringend einen kompetenten Therapeuten, jemand der sich mit all den anderen Diagnosen aber auch TS auskennt und eben nicht sofort Hormone verschreibt. Ferndiagnosen können wir hier nicht machen. Deine Schwester wird nicht drumrumkommen, der unangenehmen Realität ins Auge sehen zu müssen, denn bevor auch nur irgendwas in Richtung Transition geht, sollten alle anderen Probleme verarbeitet worden sein bzw. herausgefunden sein, was zuerst da war. Waren die anderen Dinge zuerst da und haben eine Pseudo-TS ausgelöst oder war die TS zuerst da und hat erst die anderen Dinge ausgelöst. Sowas kann aber nur ein Therapeut, der Ahnung von Differenzialdiagnostik hat. Das ganze geschieht über die Ausschlußdiagnose. Wenn alles andere als Ursache nicht existent ist und der Betroffene ansonsten absolut klar im Kopf ist, keine Wahrnehmungsstörungen hat etc. erst dann gibt der Therapeut grünes Licht. Deine Schwester muß begreifen, daß Hormone und Operationen psychische Probleme nicht lösen können. Sie greifen in die "Hardware" ein, haben aber keinen direkten Einfluß auf die "Software". Wenn ich einen Menschen unsympathisch finde, werde ich ihn auch nach meiner Transition nicht urplötzlich sympathisch finden. Zuerst muß eine gewisse psychische Basisstabilität erreicht werden, danach geht es um die therapeutische TS-Arbeit und wenn dann immer noch Kontinuität herrscht und alles klar im Kopf ist, erst dann geht es an die Hormone.

Mein Grundcharakter hat sich nicht verändert und auch nach der Transition habe ich nach wie vor mein Päckchen zu tragen, mit den Widrigkeiten und Problemen des Alltags umzugehen, wie jeder andere Otto-Normalverbraucher auch, nur gehe ich seit der Transition selbstbewußter durchs Leben, kann die Herausforderungen und Hürden, die das Leben mit sich bringt viel besser händeln, eben weil ich mich nun in mir drin wohlfühle, weil alles stimmig ist. Ich laufe nicht mehr vor unangenehmen Wahrheiten weg, ich stehe zu dem was ich sage, ich sage das was ich denke und ich lasse mir nicht mehr alles gefallen. Aber all das in einem fairen Rahmen. Wenn der Körper falsch ist, dann sind selbst schöne Momente nicht 100%ig richtig und das frustriert halt mit der Zeit. Ich habe nicht mehr die Probleme und Herausforderungen zu bewältigen wie vor meiner Transition, ich habe nur andere und auch die Gewichtung ist eine andere. Aber trotzalledem bin ich mittlerweile glücklich, ich habe mich so dermaßen weiterentwickelt, daß ich sogar eine Freundin gefunden habe, mit der ich eine sehr harmonische, aufrichtige und ehrliche Partnerschaft führe. In der ich mich als Mann komplett frei entfalten kann. Ich lebe, liebe und genieße mein Mann-sein mit jeder Zelle meines Körpers und fülle es mit Stolz ohne dabei jedoch zu einem männlichen A-loch zu mutieren und genau das schätzt meine Freundin sehr an mir.  :)

Wie Du es schon richtig umschrieben hast, es kann schnell passieren, daß man den "point of no return" überschreitet, der "eine Schritt zuviel" gemacht wird, im Eifer des Gefechts, im Eifer der Emotionen. Nur wenn man danach merkt, daß das doch alles nicht so toll war, dann sind Fakten geschaffen worden, die man nicht mehr rückgängig machen kann. Der Betroffene sollte also vorher genau wissen was er da tut, sich der Konsequenzen bewußt werden, gemeinsam mit dem Therapeuten ausloten, ob seine eigenen Vorstellungen eine tragbare Realität ergeben. Ein guter Therapeut drängt nicht, noch hält er jemanden hin, sondern er muß ergebnisoffen arbeiten. Während der ergebnisoffenen Differenzialdiagnostik wird ein sogenannter Alltagstest (teilweise bis zu einem Jahr) therapeutisch begleitet. Innerhalb dieses Alltagstests soll der Betroffene herausfinden, was wirklich an seinem Empfinden dran ist und ob es sich trotz jeglicher Pöbeleien und der ein oder anderen mehr oder weniger großen Hürde, die auf ihn zukommen können, stimmig anfühlt so zu leben.

Daß Väter über derlei Problematiken zu Alkoholiker werden ist zwar jetzt nicht in jedem Fall so, aber kommt leider auch nicht selten vor. Hier im Forum gibt es bestimmt jemanden, der zu diesem Thema mehr sagen kann als ich.


Du kannst auch Deiner Schwester von unserer Seite hier erzählen. Vielleicht mag "sie" sich hier ja ebenfalls ein bißchen einlesen. Ich denke, wenn "sie" merkt, daß sie mit "ihrem" Problem nicht alleine dasteht, nimmt "ihr" das mit Sicherheit eine Menge Druck und Last von "ihren" Schultern weg.

Alles Gute und viel Glück auf dem Weg der Selbsterkenntnis

Offline Donnerblume

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #2 am: 25.Feb 2014, 18:46 »
Ich formuliere mal ein wenig hart, da ich eine ähnliche Geschichte hatte (welche bei mir allerdings nur drei Jahre so ging):
Ich würde spontan sagen, dass sie weniger transexuell ist und stattdessen tatsächlich einer der Fälle, wo eine psychische Krankheit der Fall ist. Die Stimmungsschwankungen, das Selbstverletzen und alles klingt sehr stark Bipolarität (auch manisch-depressiv). Interesse an Anime/Manga und Videospielen ist nich ungewöhnlich. Da du Ende 20 bist und sie als "kleine" Schwester bezeichnest, ist sie vermutlich in meinem Alter, da war das mit 12 bis 15 halt der Hit, alle haben Animes geschaut und Pokemon gespielt und so weiter.
Cosplayer sind da zwar nochmal eine Unterebene, ich habe aber selbst viele Freunde, die es machen. Und dabei nen Mann cosplayern sagt witzigerweise wenig aus, denn der Grund liegt eher darin, dass in Videospielen, Mangas und Animes die Frauen leider oft eher sexistisch "verpackt" werden. Ich kenne massenweise Frauen, die Männer cosplayern und ich bin mir sehr sicher, dass fast niemand von denen das wegen einer Identitätskrise macht.

Das mit dem Abweisen von Sexualität könnte übrigens ganz stumpf vielleicht auch nur eines bedeuten: sie ist a- oder demisexuell. Sprich, an Sexualität überhaupt nicht interessiert oder nur nachdem sie sehr, sehr starke Gefühle entwickelt hat.

So oder so, ob nun transexuell, manisch-depressiv oder sonst was:
Sie muss mehr als offensichtlich in eine Therapie.
Sie wird deiner Beschreibung nach irgendwo um die 22 bis 26 sein und in dem Alter ist es ein großes Alarmzeichen, wenn man noch so sehr abhängig ist. Ganz zu Schweigen davon, dass Selbstverletzung (mit Ausnahme der "Emo-Phase", die manche in der Pubertät haben) definitiv behandelt werden sollte. Dazu noch die Essstörung, das tyrannisieren der Familie...
Wenn sie den Weg allein nicht schafft, dann schleift sie halt hin, aber ich denke, sie muss wirklich dringend in psychatrische Behandlung. Was sie hat, kann man durch Ferndiagnose nicht sagen, ob es ne Krankheit ist, ob sie transexuell ist oder sonst was, aber dass sie psychatrische Hilfe braucht ist sehr offensichtlich.

Ich kenne Leute, die wurden von ihrer Familie irgendwann in die Geschlossene eingewiesen, da ihr Familienmitglied freiwillig die Therapien nicht mitmachte, zeitgleich aber ihr eigenes Leben und das ihrer Familie ins Chaos stürzte.
Sowas sollte dringend vermieden werden, wenn es mit Unterstützung auch ohne geht.
Es ist schließlich schon irgendwie traurig, wenn ihre Eltern ihr Kind auf dich "abschieben", weil sie es nicht mehr ertragen können.
06/2014 Therapie-Beginn
07/2014 Volles Outing (Familie, Freunde, Uni)

Offline mihi

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #3 am: 25.Feb 2014, 19:38 »
Da hier das Wort "Borderline" gefallen ist: So etwas kann schon ganz schön heftig sein, und es kann (muß nicht) ein transsexuelles Gefühl hervorrufen. Heftiges Anklammern an die Bezugspersonen und parallel dazu diese Wegstoßen und Beschimpfen kommt in diesem Zusammenhang auch vor. Ich kenne auch Betroffene. Für das Umfeld kann das ganz schön anstrengend werden. Therapeuten sind dann oft "böse" oder taugen nichts, vor allem, wenn sie dem Kernthema irgendwie nahekommen. In so einem Fall braucht man dann aber eher einen Spezialisten für Borderline als für TS, und das ist auch nicht so einfach, weil Borderline leider auch gern als Modediagnose genommen wird.

Karla, ich glaube auch, daß Deine Schwester vor allem eine Therapie braucht. Sie davon zu überzeugen wird alles andere als leicht. Es kann auch sein, sie macht es freiwillig nicht. Auf jeden Fall ist das eher eine langfristige Geschichte.

Zwischendurch als Mann herumzulaufen, ohne Hormone zu nehmen, ist aber aus meiner Sicht in Ordnung. Das kann man machen. Da sieht sie dann auch, wie das auf die Dauer ist und kommt vielleicht selbst wieder davon weg. Oder es zeigt sich, daß doch etwas dran ist.

Wichtig ist nur eines: Mit dem Wechsel vom Leben als Frau zum Leben als Mann wird nicht auf einmal alles besser. Seine Baustellen muß man vorher bearbeiten.

Mihi

Offline selfmademan

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #4 am: 26.Feb 2014, 01:17 »
Im Zuge dessen hat sie sich im Internet eine "Therapeutin" gesucht, die wohl bekannt dafür ist ganz easy Rezepte für Hormone und Empfehlungen auszustellen (da war sie so 19). Nach nur einem 45 Minütigen Termin bekam sie tatsächlich ein Rezept für Hormone!!!! Einfach so. Das endete in einem großen Eklat im Zuge dessen mein Vater das Rezept vernichtete(worüber ich mich ärgere, da ich bei der Ärztekammer Beschwerde gegen die Dame einlegen wollte).

Was für Hormone sollen das gewesen sein? Und wirklich ne Therapeutin? Kann ich ehrlich gesagt nicht glauben, denn Psychotherapeuten dürfen keine Rezepte ausstellen, das dürfen nur Psychiater (Ärzte mit psychologischer Ausbildung). Und einfach so ausstellen tut niemand. War das Rezept unterschrieben? Wer soll das gewesen sein? Ist die auf unserer Liste? (Nicht hier öffentlich ausplappern, sondern einfach für Dich persönlich mal abchecken.) Für mich hat die Geschichte nämlich einige Ungereimtheiten und riecht verdammt nach Schwarzmarkt und Pseudorezept um den Anschein einer vermeintlichen Seriosität zu erwecken. Aber ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen sondern einfach nur für einen wachen Geist plädieren. Etwas seriöse Recherche ist in solchen Fällen niemals schlecht. Vielleicht erinnert sich Dein Vater an den Namen der auf dem Rezept stand.

Meine Schwester steigert sich immer mehr in die Idee hinein, dass ein Penis alle ihre Probleme lösen würde. Und das obwohl sie keinerlei sexuelle Erfahrungen gemacht hat und so viel anderes im Argen liegt.

Die OP löst keine psychischen Baustellen, da hast Du recht, aber es hat genausowenig mit sexuellen Erfahrungen zu tun. Es geht nicht um Sexualität im deutschen Wortsinne, es geht um den Körper mit seiner geschlechtlichen Optik und die wird im englischen bekanntlich als "sex" bezeichnet, im Gegensatz zur Geschlechterrolle, die heißt im englischen "gender". Viele TS haben vor ihrer genitalangleichenden OP überhaupt keine sexuellen Erfahrungen gemacht, weil der Körper einfach falsch war und damit war alles falsch was damit "angestellt" wurde.

TS reagieren übrigens sehr empfindlich drauf, wenn man sie aufgrund des Wortbestandteils "Sexualität" auf das sexuelle reduziert und ein sexuelles Problem hineininterpretiert. So nach dem Motto "der soll erstmal mit einer Frau schlafen, bevor er sich ne Mumu basteln läßt". Böse böse Falle! Es geht wie gesagt nicht um Sexualität, sondern um den Körper. In erster Linie und ganz primär zählt die Eigenwahrnehmung, das innere Spiegelbild und solange das innere Spiegelbild nicht auch äußerlich zu sehen ist, mit der "Software" übereinstimmt, steht die Sexualität ganz hinten. Auch ich habe das Thema Sex ganz weit von mir gewiesen. Ich wollte mich erstmal einfach nur in mir drin wohlfühlen, mit mir selbst im reinen sein, inneren Frieden haben und erst nach Abschluß meiner Transition war ich so langsam in der Lage eine emotionale Sexualität vorsichtig zuzulassen.

Offline selfmademan

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #5 am: 26.Feb 2014, 02:24 »
Apropo Penis löst alle Probleme: Das Ding kann nicht mal nen Stift halten oder Auto fahren geschweige denn ein Fenster putzen, wie soll ich mich also damit bewerben?  :help:

Für den Menschen spielt das Genital absolut keine Rolle wenn es um alltäglichen oder beruflich kollegialen Sozialkontakt geht (vom verliebtsein und Beuteschema einmal abgesehen). Interessiert niemanden. Und mich interessiert es auch nicht.

Ob Sozialkontakte entstehen oder ob Mord und Totschlag herrscht, da hat ein Penis gar keinen Einfluß drauf, da ist allein das Gehirn für zuständig.

Klara

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #6 am: 26.Feb 2014, 14:21 »
Hallo ihr Lieben

erstmal ganz herzlichen Dank für Eure Antworten! Ihr habt meine Erwartungen nicht nur übertroffen, sondern Befürchtungen, die ich hatte, nicht im Geringsten erfüllt (ich hatte etwas Angst, dass Menschen, die eine Transition hinter sich haben sehr ihre eigene Geschichte auf andere projezieren würden, ohne auf den individuellen Fall einzugehen).

Ich weiß jetzt gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll, also mach ich es wie bisher und schreibe frei Leber, versuche mich aber was kürzer zu fassen. ;)

Summasummarum bestätigt ihr meine Meinung, dass es unser (also das meiner Familie) wichtigstes Bemühen sein sollte meine Schwester endlich zu einer vernünftigen, länger fristigen Therapie zu bringen. Das klingt jetzt nur leider deutlich leichter als es de facto ist.

Wir versuchen es ja schon seit Jahren! Bei meinen Eltern in der Nähe gibt es sogar eine auf Borderline (und Essstörungen) spezialisierte Klinik, da hätte sie die Möglichkeit sowohl stationär als auch ambulant an sich zu arbeiten. Aber da ist keine Einsicht, dass sie etwas tun muss. Sie suhlt sich eher in ihren Problemen ("bin ich halt ein Psycho"). Habt ihr Ideen wie wir da vorgehen können?

Ich habe meinen Eltern schon oft vorgeschlagen, sie sollen den psychatrischen Notdienst rufen, wenn meine Schwester wieder ausrastet (einmal hat sie aus Wut ne halbe Flasche Vodka gekippt, das würde mich schon umhauen, aber dieser dünne Körper war natürlich richtig mitgenommen) und meine Eltern haben dann die ganze Nacht ihr Kind übers Klo halten müssen. Meine Eltern wollen diesen Schritt aber nicht gehen, keine Ahnung warum...ich schätze sie haben Angst sie wird nur ruhig gestellt und dann wieder rausgeschmissen. Wenn ich so einen Anfall mal miterlebe, dann zücke ich sofort das Telefon! Ein Arzt erklärte mir mal, dass das Sinn macht, weil wenn es eine Historie der akuten Anfälle gibt, dann würde uns dies in letzter Konsequenz einfacher machen, wenn wir den Weg gehen wollen meine Schwester gegen ihren Willen in Therapie zu geben.

Zu der Sache mit der "Therapeutin". Ich habe mir den Namen der Dame aufgeschrieben, hatte auch schon mit der Bundestherapeutenkammer NRW telefoniert und den Fall geschildert. Man bestätigte es mir leider nicht offiziell, aber die Sachbearbeiterin ließ durchscheinen, dass diese Person wohl schon einschlägig bekannt ist. Um es zur Anzeige zu bringen müsste jedoch meine Schwester Aussagen dazu machen (sie ist ja volljährig), eine offizielle Beschwerde könne ich nicht einreichen, zumindest keine, die in einer Untersuchung enden würde. :( Solche Personen beschädigen nicht nur den Ruf der Profession, sondern auch jeden einzelnen, der in einer solchen Transidentität steckt meiner Meinung nach erheblich! Das war auch alles andere als seriös! Welche Hormone es waren...fragt mich nicht...wie gesagt, meinen Vater hätte ich erwürgen können, dass er den "Beweis" vernichtet hat.

Was ihre Beziehungen und sexuellen Präferenzen angeht habe ich  mich etwas undeutlich ausgedrückt: Ich unterstelle nicht, dass eine Transidentität mit sexuellen Präferenzen direkt zusammen hängt. Ich denke aber (und das ist jetzt rein subjektives Empfinden), dass sie Sexualität generell mit etwas Schlechtem verbindet. Sie spricht sehr schlecht über Menschen, die wechselnde Sexualpartner haben. "Schlampe" zu sein ist für sie das Schlimmste, als wäre man ein Verbrecher. Lange sprach sie davon sich bis zur Ehe aufsparen zu wollen und auch oft, dass sie sich mal einen Mann wie meinen wünscht.

Ich habe sie auch schon gefragt, ob sie schlechte Erfahrungen gemacht hat...verdammt, ich habe schon meinen Vater verdächtigt (den ich noch nicht einmal nackt gesehen habe), aber das hat sie alles sehr glaubwürdig verneint. Sie fühlte sich nur von ihrem ersten Freund so bedrängt, dass sie fast von Nötigung sprach. Die Schilderungen waren dann aber eher harmlos (damit will ich ihr nicht das Recht absprechen, das individuell anders zu empfinden!), so Richtung "er wollte halt dauernd an den Busen, ins Höschen etc), also die üblichen "Problemchen" die Jungs und Mädels in der Pubertät halt miteinander haben. Selbst dieses Vorantasten (nach einem Jahr Beziehung wohlgemerkt) hat sie als Übergriff empfunden. Das kann natürlich durch Ablehnung des eigenen Körper bedingt sein...kann aber auch ganz woanders liegen.

Man muss dazu sagen, dass meine Schwester mir gegenüber sehr offen ist. Ich teile viele Geheimnisse mit ihr und ich bin mir zumindest zu 90 % sicher, dass sie mir erzählen würde, wenn sie Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht hätte. Zumal ich derlei leider erfahren musste und sie darüber Bescheid weiß!

Die Frage, die ich mir jetzt stelle, ist folgende:
Was ist jetzt meine Rolle? Wie kann ich unterstützen, ohne es nur schlimmer zu machen? Sobald ich mich einklinke bin ich am Ende immer Schuld, wenn es nicht läuft wie erhofft. Ihr versteht, dass ich  mich auch ein wenig schützen muss.


Meine Schwester kommt jetzt das Wochenende zum Karnevalfeiern zu mir, ich bin auch die einzige, mit der sie mal feiern geht. Letztes Jahr war sie mit besagter Freundin da, das war zwar kein totales Desaster aber wahnsinnig anstrengend, weil ich zwei hungernde, depressive Mädels da hatte, die sich gegenseitig toll aufputschen und reinsteigern konnten. Ich möchte dieses WE erstmal nutzen um ganz locker zu feiern (zumal sie gerade eine schwierige Prüfung bestanden hat)...aber vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit zum tiefen Gespräch (man kennt die Gespräche nach der Party in der tiefen Nacht, wo oft auf den Tisch kommt, was sonst verschlossen ist).

Karla

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #7 am: 26.Feb 2014, 14:28 »
PS: Übrigens waren alle Namen "falsche Namen", das merkt ihr daran, dass ich zwischen Karla und Klara gewechselt habe. ;)

Offline selfmademan

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #8 am: 26.Feb 2014, 16:11 »
Man muss dazu sagen, dass meine Schwester mir gegenüber sehr offen ist. Ich teile viele Geheimnisse mit ihr und ich bin mir zumindest zu 90 % sicher, dass sie mir erzählen würde, wenn sie Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht hätte. Zumal ich derlei leider erfahren musste und sie darüber Bescheid weiß!

Ich wollte gerade ganz direkt fragen ob Deine Schwester sexuell mißbraucht wurde. Denn die ganzen Anzeichen lassen gewaltig darauf schließen. Deine Schwester muß, wenn sie denn einen Mißbrauch erlebt hat, erstmal den Mißbrauch ansich aufarbeiten. Erst wenn dieser aufgearbeitet worden ist wird der Rest für sie selbst aber auch für andere klarer werden. Vielleicht kannst Du sie mit folgendem Argument/Gespräch zu einer Therapie bewegen:

"Wenn Du eine Transition angehen willst, ist das Deine Sache. Ich bremse Dich nicht aber ich dränge Dich auch nicht. Jedoch gibt es eine Voraussetzung für die Transition, sexueller Mißbrauch muß vorher therapeutisch aufgearbeitet werden ansonsten ist dies ein Ausschlußgrund für die Transition. Im besten Falle kann man beides parallel aufbereiten, dazu bedarf es aber eines verdammt guten Therapeuten, der sich mit beiden Dingen auskennt. Des weiteren fordern die Krankenkassen eh eine therapeutische Begleitung, da sie sonst die Kosten für die Operationen nicht übernehmen. Wenn es Dir ernst ist, aus Deinem Schlamassel herauszukommen, kann ich Dir eine Therapeutenliste zeigen mit fähigen Fachleuten. Jedoch mußt Du auch bereit sein, Dir kritische Fragen stellen zu lassen und diese wahrheitsgemäß zu beantworten. Wenn Du offen und ehrlich bist und kritische Fragen nicht als Angriff oder Ablehnung siehst, sondern als Chance Dich ehrlich zu reflektieren, und wenn Du Geduld und Durchhaltevermögen aufbringst und nicht wegen jedem bißchen die Therapie wieder abbrichst, hast Du nichts zu befürchten. Und wenn Du wissen willst, woher ich diese Informationen habe, ich habe mich in einem Forum für Trans-Eltern erkundigt und da haben mich Transsexuelle, die auch fertig operiert sind, beraten. Es liegt ganz allein an Dir was Du aus Deiner Zukunft machst, es ist ganz allein Deine eigene Verantwortung. DU mußt aktiv werden, nicht die anderen."


Du kannst Dich gerne in unserem Forum anmelden. Im nicht öffentlichen Bereich gibt es eigens eine Kategorie zum Thema Borderline und sexueller Mißbrauch.

Magersucht aufgrund Mißbrauch kann zwei Ursachen haben: Entweder der Betroffene will ein kindliches Aussehen behalten, weil der Täter nur auf Kinder steht und sie fallen läßt sobald die Pubertät einsetzt. Das Opfer will dadurch erreichen, daß der Täter weiter an dem Opfer interessiert ist und es somit Aufmerksamkeit bekommt oder aber es will die Entwicklung verhindern in der Hoffnung dadurch in Ruhe gelassen zu werden und somit uninteressant für erwachsene Männer zu werden, die auf erwachsene Frauen stehen.

Und ich bemerke, daß Deine Schwester alle Männer stellvertretend bestraft. Ein Mann war sch**** also sind es alle anderen auch. Massive Projektion wird da betrieben und anstatt daß Deine Schwester ihre Wut am eigentlichen Täter ausläßt und ihn zur Anzeige bringt, bestraft sie mit ihrem Verhalten Leute, die völlig unschuldig sind und nichts mit der Tat zu tun haben.
Ich wurde selber sexuell mißbraucht, konnte mich aber lange nicht daran erinnern, erst nach Abschluß meiner Transition kam die Erinnerung wieder hoch. Mir sind also viele Verhaltensweisen, die Deine Schwester an den Tag legt nicht unbekannt. Bei mir war es aber kein Mann, sondern eine Frau gewesen und ich war gerade mal zwischen 1 und 2 Jahre alt. Aufgrund dieser Erfahrung hatte ich lange Zeit Angst vor Frauen und ich wußte einfach nicht wieso, aber ich habe dies anfänglich nicht als Angst wahrgenommen sondern als etwas normales, weil ich damit von Kindesbeinen an aufgewachsen bin uns es nicht anders kannte. Erst mit dieser Erinnerung hatte ich die Ursache gefunden und erst dadurch war ich in der Lage mich so nach und nach immer mehr auf meine Freundin einzulassen. Ich bin ihr noch heute unendlich dankbar, daß sie mir mit einer eigentlich harmlosen Frage die Erinnerung zurückgeholt hat. Ich mag gar nicht drüber nachdenken, wie oft ich wegen dieser Erinnerung ihre Schultern vollgeheult habe.

Ich selber war ebenfalls gegen meinen Willen in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, aber im Nachhinein bin ich froh, daß ich dort war. Dort hatte ich das Gefühl, ernst genommen zu werden (auch wenn dies lange vor meiner eigentlichen Selbsterkenntnis war) und mittlerweile ist diese Zeit für mich zu einer der wichtigsten Zeiten in meinem Leben überhaupt geworden. Und wenn es mir mal wieder grottenschlecht geht, schnappe ich mir mein Mööp und fahre zu der Stelle wo ich 6 Monate meines Lebens verbracht habe. Ist wie ne Therapie für mich, ein Platz der mir Kraft gibt.

Du kannst Deiner Schwester auch gerne diesen Thread hier zeigen, der ist ja eh öffentlich einsehbar und ich stehe zu dem was ich sage und schreibe und ich bin nicht gerade zimperlich, den Leuten ihren Spiegel vorzuhalten und sie mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren. Auch ich mußte mir diese Härte gefallen lassen und Dinge hören, die ich nicht hören wollte, aber letztendlich war es das beste was mir passieren konnte. Nachdem ich auch die unangenehmen Seiten der Realität akzeptieren konnte, habe ich angefangen mich weiterzuentwickeln, aus meinem Schlamassel herauszukommen und an meiner eigenen Not zu wachsen und zu erstarken.

Jeder ist seines Glückes eigener Schmied. Ich muß mir mein Glück selbst schmieden, andere werden dies nie für mich tun.

Alles Gute euch beiden.

Offline selfmademan

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #9 am: 26.Feb 2014, 19:59 »
Zitat
Sexueller Missbrauch bei Frauen ist übrigens gerade in die Richtung Mann zu Frau einer der Klassiker, der irrtümliche Transsexualität vorgaukeln kann à la "wenn ich Mann wäre, wäre mir das nicht passiert", und dann soll der weibliche Körper, der die Opferrolle gebracht hat, gegen den Körper getauscht werden, der Täter war.

Du meintest wohl eher in Richtung Frau zu Mann.  ;)

Zitat
schon gut, was auch immer ich da an hatte, es dürfte bereits wieder trocken sein

Grins. Ich liebe Deine lockere Art und Deinen Humor. Nicht zu vergessen Deinen Sarkasmus.  :daumenhoch: Ach und äh :heart: ;)

Offline Donnerblume

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #10 am: 27.Feb 2014, 05:51 »
Sie suhlt sich eher in ihren Problemen ("bin ich halt ein Psycho"). Habt ihr Ideen wie wir da vorgehen können?
Das klingt für mich sehr stark so als wenn sie quasi noch in der Pubertät steckt ô_o
So eine Art von Defensiv-Verhalten ist meist im Bereich, wenn man sich abnabeln und seine Grenzen austesten will. Aber dafür ist deine Schwester schon zu alt...
War ihre Pubertät deiner Meinung nach "normal" oder war sie da extrem (sei es, dass sie völlig harmlos war oder extrem aggressiv)? Sonst kann es vielleicht sogar sein, dass sie hormonelle Probleme hat und insofern ihr Körper noch glaubt, in dem Stadium des "Fertigstellen des Körpers" zu stecken.

Zitat
Ich habe meinen Eltern schon oft vorgeschlagen, sie sollen den psychatrischen Notdienst rufen, wenn meine Schwester wieder ausrastet (...). Meine Eltern wollen diesen Schritt aber nicht gehen, keine Ahnung warum
Ich glaube, es ist viel simpler. Ich hatte mal zum Psychater gemusst, meine Mutter hatte mich aber nie hingebracht und ich hab nicht drüber reden dürfen. In ihrer Idee ist Psychater = verrückt, sie wollte sich insofern nicht eingestehen, dass ihr Kind verrückt und daher auf psychatrische Hilfe angewiesen war.
Vielleicht sind deine Eltern ähnlich, sie reden sich ein, dass sowas noch irgendwie normal ist. Das man es doch auch ohne die Hilfe des "Seelenklempners" schaffen kann. Versuche da vielleicht an ihr Gewissen zu appelieren, dass die Beiden mit ihrer fehlenden Initiative den Absturz des Kindes im Schlimmstfall massiv beschleunigen, da sie dem Kind quasi eine Bestätigung geben, indem sie nichts tun als die Anfälle auszustehen.
Ich möchte an sich so auch erstmal Gollum widersprechen: es gibt durchaus Fälle, wo Leute gegen ihren Willen mitgenommen werden können. Sie können meist nicht länger da behalten werden, mitnehmen kann man sie aber im Akutfall zunächst schon. Je nachdem, ob ein Arzt dort dann dringenden Handlungsbedarf anhand der Selbstverletzung und Magersucht der Schwester erkennt, kann er vielleicht auch aufgrund des "Risiko für einen selbst" dann eine geschlossene Therapie (die quasi aufgezwungen wird) verordnen.
Es ist letztlich dann allerdings immer noch Sache der Schwester, ob sie bei ihrer Heilung kooperiert oder sich querstellt und unverrichteter Dinge die Klinik dann verlassen würde.

Zitat
Die Frage, die ich mir jetzt stelle, ist folgende:
Was ist jetzt meine Rolle? Wie kann ich unterstützen, ohne es nur schlimmer zu machen? Sobald ich mich einklinke bin ich am Ende immer Schuld, wenn es nicht läuft wie erhofft. Ihr versteht, dass ich  mich auch ein wenig schützen muss.
Wenn du dich schützen willst, dann wirst du wohl oder übel dich ganz raushalten müssen und den Käse dann den Eltern überlassen müssen. Gerade Leute mit so einer Kombination an Störungen wie deine Schwester sie offenbar hat neigen dazu, Hass auf Andere zu projezieren. Die Welt hasst einen, so ihre Idee. Jede fremde Hilfe und Initiative wird erstmal akzeptiert (da Aufmerksamkeit), wenn aber was nicht passt, wird schnell mit schlechter Kritik geschossen.
Wenn du dazu nicht bereit bist, dann musst du dich vermutlich raushalten und kannst nicht mehr tun als mentalen Beistand für die Eltern zu bieten.
Ich mein, als ich nen Psychater besucht hatte, waren da auch zwei Borderliner und eine war auch nur Andere am kritisieren, nichts hat sie über sich selbst reflektiert, sie war die Arme, die alle hassen (ironischerweise hat sie mit dem Beschweren aufgehört und dem Reflektieren angefangen, als ich und eine andere Phobiepatientin über unsere schweren Halluzinationen und Angstzustände sprachen als wären es Witze, wo sie offenbar merkte, dass es Leute gibt, die bei dem Sehen einer Fliege Risiko laufen, nen Herzkasper zu bekommen und das ihre kleine und schrecklich unfaire Welt ironischerweise recht unspektakulär und harmlos dagegen ist, wie sie es mal nannte)
06/2014 Therapie-Beginn
07/2014 Volles Outing (Familie, Freunde, Uni)

Paul999

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #11 am: 28.Feb 2014, 18:38 »
Hallo Klara!

was ich  noch schnell ergänzen wollte. Wenn deine Schwester eine Therapie macht dann auch bei jemanden der sowohl vergewaltigung als auch trassein erkennen würde. nicht alle therapeuten erkennen transsein besonders wenn ihr in eher konservativem gebiet wohnt, daher am besten einen terapeuthen aus der liste oder auf einem trans treff in der umgebung geeignete therapeuten erfragen. falls es vergewaltigung ist sollte jeder therapeut das feststellen können.

deine eltern kommen ja aus russland. ich weis nicht ob das eine bedeutung hat, aber meine familie stammt zur hälfte aus serbien und ich will sagen dass es mir nie besonders behagt hat mich zu outen. bereits das lesbisch sein habe ich mir eher verkniffen und das trans sein ganz bewusst nur dem deutschen teil mitgeteilt, wohlwissend dass die andere hälfte es ohnehin erfährt. teilweise wird das bei weiteren verwantenkreisen dann jedoch auch einfach bewusst oder eben unbewusst garnicht mittgeteilt obwohl nach außen immer gesagt wird dass ja alle so offen seien für homo trans und andere lebensweisen. (alles nur fake)

und noch ein tipp. deine schwester scheint ja sehr intelligent zu sein. versuche irgendjemand sehr intelligentes zu finden der mit ihr/ihm auf die gleiche weise reden kann und auch dem trans sein nicht abgeneigt ist. so blöd es klingen mag aber sehr intelligenten menschen langweilt es manchmal mit weniger intelligenten oder eben scheinbar weniger intelligenten zu reden, weil wenn einem etwas drignend ist, man noch viel eher das gefühl bekommt nicht verstanden zu werden.

erleutere doch deiner schwester nocheinmal dass es immer 6 probesitzungen gibt bevor eine therapie begonnen wird und sie jederzeit den therapeuten noch wechseln kann und dass sie auf jeden fall sich gleich mehrere therapeuten anschaut, obwohl sie bei einem/einer schon sicher ist dass sie ihn/sie nimmt.

Tschüss

Offline selfmademan

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Re: Ist meine Schwester Trans? Meine Familie zerbricht!
« Antwort #12 am: 28.Feb 2014, 19:25 »
Offtopic: Es wäre schön, wenn ein wenig auf die Rechtschreibung geachtet wird, auch dann wenn man mit einem Smartphone oder Tablet am tippern ist. So scheinbar durchgängige Texte sind schwer zu lesen und ermüden auch. Danke.